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Schuster: "Georg Späth ist unser Joker"

Erstellt am: 29.10.2009 16:46 / os

Werner Schuster übernahm nach der Saison 2007/08 das deutsche Team als erster ausländischer Trainer. Gleich in seinem ersten Sommer machte er die DSV-Adler wieder salonfähig, im Winter holte Martin Schmitt in Liberec WM-Silber auf der Großschanze. Im vergangenen Sommer aber stagnierten die Leistungen seiner Schützlinge. Wird der Österreicher die Deutschen zu einer Olympiamedaille führen können? Berkutschi.com hat mit ihm gesprochen. 

Berkutschi.com: Noch wenige Wochen bis zum Saisonauftakt, überwiegt die Vorfreude auf die Olympiasaison oder bleibt nach dem durchwachsenen Sommer Skepsis?

Werner Schuster: Ich gehe schon mit gemischten Gefühlen in den Winter. Die Ergebnisse aus dem Sommer brauchen wir nicht schön zu reden. Man kann die Resultate aber auch nicht vergleichen mit denen aus dem Sommer 2008. Damals hatten wir eine ganz andere Ausgangsposition. Wir sind mit einer extrem hohen Intensität gestartet. Dieses Tempo konnten wir nicht durchhalten. Deshalb hatten wir diesmal einen etwas anderen Aufbau. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, wenn wir etwas näher an der Spitze dran gewesen wären. Aber wir sind dabei, das abzustellen. Dazu hatten wir ein sehr gutes Herbst-Trainingslager und ich hoffe, dass wir beim Auftakt dann wieder mit dabei sind.

 

Berkutschi.com: Es gab also einen veränderten Trainingsplan?

Schuster: Ja, zumindest teilweise. Letztes Jahr war Michael Uhrmann der Leidtragende des Sommers mit dem hohen Tempo. Er hat den Winter nicht durchhalten können, konnte da nicht weiter zulegen. Für ihn haben wir deshalb einen anderen Aufbau gewählt. Bei Michael Neumayer mussten wir Abstriche wegen seines Studiums machen. Er hat da viel Zeit investiert, das erklärt seinen Leistungsstand. Bei Martin gab es individuelle Probleme, die wir aber, so glauben wir, bis zum Saisonstart im Griff haben werden. Er war ein bisschen übertrainiert. Bei ihm verhält es sich - ich habe euer Interview mit Wolfgang Steiert gelesen - so ähnlich wie bei Dimitri Vassiliev. Er will im Winter fit sein, für ihn zählt der Winter. Insofern erhoffe ich mir bei Martin, dass er beim Saisonstart wieder in der Verfassung des letzten Winters sein wird.

 

Berkutschi.com: Im Sommer war Georg Späth nach seinem Kreuzbandriss gleich wieder bei den besten Deutschen. Kann er im Winter den DSV mit Topresultaten glücklich machen?

Schuster: Das werden wir sehen. Der Georg ist ein bisschen wie eine Wundertüte. Er hatte im Sommer 2008 tolle Ergebnisse, war einer der Besten, dann kam die Verletzung. Jetzt hat er sich schon wieder gut geschlagen, aber er hat immer noch Schwächen. Es dauert noch eine Weile, bis er sich wieder traut, ganz runter zu springen. Ihm fehlt noch ein bisschen der Killerinstinkt. Es ist nicht so wie bei einem Schlierenzauer, der jeden Sprung runterzaubert. Bei ihm summieren sich kleine Fehler und dann fehlen da gleich ein paar Meter. Insofern ist er noch von seiner Bestform entfernt. Aber der Georg ist so etwas wie unser Joker. Er erhält jedenfalls die volle Unterstützung, die er braucht und dann werden wir sehen, was am Ende rauskommt.

Werner Schuster

 

Berkutschi.com: Ein Wort zum Nachwuchs. Seit vielen Jahren besteht der Kern der Mannschaft aus Martin Schmitt, Michi Uhrmann, Michael Neumayer und Georg Späth. Wieso schaffen es die Jungen nicht aus dem Schatten dieser Truppe? Fehlt einfach nur ein absolutes Ausnahmetalent oder fehlt den Springern einfach nur der letzte Biss?

Schuster: Nein, der letzte Biss, das wäre zu einfach. Man muss da ein bisschen weiter ausholen. Bevor ich in Deutschland angefangen habe, waren die Deutschen im Nachwuchsbereich ja nicht unbedingt ein Gegner, den man fürchten musste. Wir haben uns auf die Ausbildung einiger jüngerer Springer konzentriert und haben mit Andreas Wank, Severin Freund, Pascal Bodmer - um ein paar zu nennen - hoffnungsvolle Athleten. Um diese Springer sind wir stark bemüht, das ist sozusagen neben den Top-Athleten unser zweiter Schwerpunkt. Wir haben uns dem Nachwuchs mit besonderer Leidenschaft angenommen und konnten die ersten von ihnen jetzt strukturell weiterbringen.

Es ist auch nicht einfach für diese Athleten. Ihr Auftreten im Weltcup war mit hohen Erwartungen verbunden. Die konnten sie nicht erfüllen, die Erwartungen wurden zu hoch gepusht. Wir müssen da etwas behutsamer sein. Vor allem mit Blick auf Olympia. Da werden wir auch sehen, wie wichtig Erfahrung und Routine sind. Das spielt da eine wichtige Rolle.

 

Berkutschi.com: Anderen Verbänden geht es ganz ähnlich. Gibt es eine Erklärung dafür, wieso in den letzten Jahren so wenig junge Springer nach ganz vorne kamen?

Schuster: Es ist insgesamt ein weltweiter Trend, dass die arrivierten Springer die Maßstäbe setzen. Die große Ausnahme ist Gregor Schlierenzauer. Auch ein Ville Larinto muss die gezeigten Leistungen erst einmal bestätigen. Im Skispringen hat sich die Altersgrenze nach oben geschoben. Das hat seine Gründe: Erstens ist der Sport für die älteren Springer eine lukrative Einnahmequelle. Daraus schöpfen viele ihre Motivation. Zweitens spielt das Material heutzutage bei der Ausgewogenheit eine große Rolle. Und es dauert einfach eine gewisse Zeit, bis man die Feinabstimmung mit seinem Material gefunden hat, bis man das Material gefunden hat, was einem wirklich weiterhilft. Drittens ist eine gefestigte Persönlichkeit gefragt. Die jungen Springer kommen im Weltcup an, dann sind sie ein oder zwei Jahre dabei, wachsen und bekommen die Gewichtsprobleme. Dann ist da die Reiserei, die schlaucht. Man muss ungeheuer diszipliniert leben. Dazu benötigt man Routine und die bekommt man nicht von heute auf morgen. Das ist schwer, da das perfekte Maß für sich selbst zu finden.

 

Berkutschi.com: Es ist möglich, dasss Michael Uhrmann nach dieser Saison auhört, Martin Schmitt dann nach Oslo 2011. Wie kann es innerhalb der nächsten beiden Jahre gelingen, junge Springer in der Weltelite zu platzieren? Wer kann Ihrer Meinung nach am ehesten das Loch füllen? Ein Andreas Wank vielleicht?

Schuster: Da sind durchaus ein paar Leute in der Warteschleife. Ein Andreas Wank in Bestform ist für jede Mannschaft eine Verstärkung. Wank ist extrem willensstark. Der Pascal Bodmer ist noch jünger. Bei ihm wird man abwarten müssen. Er hat eine gute Entwicklung gezeigt. Davon abgesehen haben wir keine Panik, wenn einer aus der arrivierten Gruppe ausscheidet. Wir sitzen nicht da und sagen "um Gottes Willen, was machen wir denn jetzt", wenn die aufhören. Manchmal ist es auch so, dass die dann den Weg für die jüngeren Springer freimachen. Wenn eine Bundesliga-Mannschaft ihren Spielmacher verkauft, dann wachsen da oft andere in die Rolle hinein, die vorher im Schatten standen und denen man das vielleicht gar nicht zugetraut hatte. Unsere Aufgabe ist es, die Springer vernünftig zu integrieren. Wenn dann Umbrüche kommen, dann müssen die Springer bereit sein.

 

Berkutschi.com: Konstanz ist ein Begriff, der oft im Skispringen fällt. Gibt es eine Strategie, einem Springer die nötige Konstanz zu verpassen, mit der er konsequent unter die Top Ten kommen kann? In der vergangenen Saison hatte dies bei Martin Schmitt ja ganz gut geklappt.

Schuster: Da gibt es mehrere Strategien, aber kein Rezept. Wenn elf Leute zum Ziel haben, konstant in die Top Ten zu kommen, dann muss ja zwangsläufig schon einer von diesen scheitern, weil da eben nur Platz für zehn Springer ist. Bei Martin war der Fall speziell. Da konnte ich ihm gut helfen, weil er ein technisches Problem hatte. Das kannte ich aus meiner Zeit als Jugendtrainer. Allerdings hat er auch akribisch an sich gearbeitet. Er hat den Killerinstinkt an sich wieder gefunden. Man braucht einen langen Atem und auch das nötige Quäntchen Glück. So etwas kann man nur schlecht planen, wie gesagt, ein Rezept für den Top-Ten-Sprung gibt es nicht.

 

Berkutschi.com: Was wünschen Sie sich für die kommende Saison und besonders den Höhepunkt, die Olympischen Spiele in Vancouver?

Schuster: Ich wünsche mir, dass wir gut reinkommen in die Saison. Der Saisonstart ist schon wichtig. Wir wollen den positiven Trend fortsetzen und die Ergebnisse aus der vergangenen Saison wiederholen. Es wäre schön, wenn wir die Anzahl der Top-Ten-Platzierungen erhöhen könnten. Höhere Ziele sind nicht realistisch, mit den Österreichern können wir uns nicht messen, so weit sind wir einfach noch nicht. Wenn wir in Vancouver so abschneiden wie bei der letzten Weltmeisterschaft in Liberec, wäre das gut: Eine Medaille in Vancouver wäre ein Erfolg für den Deutschen Skiverband.

 

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