01 | Deutschland | 1097.4 | ||
02 | Norwegen | 1075.1 | ||
03 | Österreich | 1065.9 | ||
04 | Slowenien | 1034.8 | ||
05 | Japan | 875.1 | ||
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Es sind Momente wie diese, in denen die Resultate des Spitzensports eine andere Bedeutung erhalten und über jene der Ergebnisliste hinausgehen. Dann nämlich, wenn eine augenscheinlich müde, aber zufriedene Sarah Hendrickson, die sich gerade durch eine Mixed Zone voller japanischer TV-Stationen durchgekämpft hat, von ihrer Teamgefährtin Lindsey Van fast zärtlich in den Arm genommen wird und die Weltmeisterin von 2009 der Gesamt-Weltcupsiegerin von 2011 in Ohr flüstert: „Ich bin stolz auf dich“.
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Fünf Worte. Mehr bedarf es nicht. Was Sarah Hendrickson im Laufe dieses Winters zeigte – starke Sprünge, starkes Nervenkostüm, starke Vorstellungen – macht nicht nur Van, oder Hendrickson selbst, oder Trainer Paolo Bernardi stolz, sondern die gesamte Sportszene. Und nun ist es vollbracht, um 15.15 Uhr Ortszeit (6.15 GMT) an jenem 3. März im japanischen Zao, irgendwo in der Nähe von Fukushima, und mit Sicherheit drängt sich bei den einen oder anderen der unangebrachte Vergleich einer „strahlenden Siegerin“ auf.
Hendrickson strahlt auch, doch sie blendet nicht. Hendrickson ist ein 17-jähriger Teenager, der ehrlich genug ist, vor rund 70 japanischen Medienvertretern einzugestehen: „Ich weiß, dass es etwas Historisches ist, den ersten Gesamt-Weltcup der FIS im Damenskispringen gewonnen zu haben. Was genau es ist – keine Ahnung. Um dies zu realisieren, werden Monate, vielleicht Jahre vergehen.“
Die Amerikanerin, die bereits mit einem großen Punktepolster nach Japan gekommen war, hatte am Vormittag das erste Springen des Tages vor Sara Takanashi aus Japan und Daniela Iraschko aus Österreich für sich entschieden – nicht über die Weiten, sondern über die Punkte. Der Vorsprung war angewachsen. Und als der zweite Wettbewerb nach einem Durchgang und brechender Spur um 15.15 Uhr für annulliert erklärt wurde, lag Hendrickson vor Ulrike Grässler (Deutschland) und hinter Sara Takanashi auf Rang zwei. Die Jagd nach dem Gesamtweltcup war zu Ende, eine würdige Siegerin gefunden.
Es mag bezeichnend sein, dass der Weltcup in Japan, einem Land mit Historie und Tradition (auch im Skispringen) entschieden wurde. Mehr noch, dass er die Kugel aus Kristall in der Heimat eines anderen Youngsters seine Besitzerin fand. Sara Takanashi’s Sprung auf 102,5 m im zweiten Bewerb bedeutete nicht nur Schanzenrekord, sondern unterstrich einmal mehr die ganze Klasse der Jugend-Olympiasiegerin von Innsbruck und Junioren-Weltmeisterin von Erzurum. „Die Zuschauer haben mir Kraft gegeben und mich auf diese Weite getragen“, sagte sie später klassisch-japanisch bescheiden und hatte genug zu tun, allen Anfragen der heimischen Medien gerecht zu werden. Takanashi ist die erste vierte Siegerin eines Weltcupspringens, nach Hendrickson, Sabrina Windmüller (SUI) und Daniela Iraschko.
Neben den Leistungen von Sarah und Sara verblassten fast die Auftritte von Athletinnen, die den Sprunglauf in den letzten Jahren geprägt hatten. Daniela Iraschko, Weltmeisterin 2011, wurde im ersten, Ulrike Grässler, Vize-Weltmeisterin 2009, wurde im zweiten Wettbewerb Dritte. Zudem verlor Grässler Rang drei im vorläufigen Weltcup-Klassement an Takanashi.
Läutete Zao 2012 die Götterdämmerung bei den Ski springenden Ladies ein? Ist die Zeit von Lindsey Van, Daniela Iraschko, Ulrike Grässler vorbei? „Sie werden sich verdammt anstrengen müssen, um an den beiden aktuellen Aushängeschildern vorbei zu kommen. Da müssen sie mit jedem Sprung an ihr Limit gehen – weniger wird nicht genug sein“, lautet die Meinung einiger Trainer. Ans Aufgeben denken Iraschko und Co. freilich nicht. „Ich werde dafür kämpfen, in Oslo doch noch unter den Top Drei zu sein“, sagte Grässler, und Iraschko fügte an: „Ich habe auch nicht die erste WM gewonnen, sondern die zweite. Warum soll es im Weltcup nicht auch so sein?“
Der Fehdehandschuh ist geworfen. Doch an jenen Tagen, die Historie schreiben, sind Hendrickson und Takanashi die Gejagten, nicht die Jägerinnen. „Es ist zu früh, über Gold in Sotchi zu sprechen“, meint die US-Amerikanerin. „Aber klar bin ich nach aktuellem Stand der Dinge ein heißer Tipp. Doch bis 2014 kann viel passieren.“ Und Takanashi ist nicht nur auf der Schanze erfolgreich. Die Japanerin steht auch in einem Umfrage-Ranking nationaler Medien auf Platz eins: wen denn ihre Landsleute am liebsten als Kind oder Enkelkind hätten.
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