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W. Loitzl: Nie an ein Karriereende gedacht

Erstellt am: 29.11.2012 12:53 / sk

Nachdem Wolfgang Loitzl mit dem Sieg bei der Vierschanzentournee und dem Gewinn des Weltmeistertitels von der Normalschanze in der Saison 2008/09 seine bisher größten Erfolge feiern konnte, waren die letzten Jahre für den Österreicher nicht so erfolgreich. Nun will der 32-jährige nach einem guten Sommer wieder an die alten Erfolge anknüpfen. im Interview mit Berkutschi spricht er, unter anderem, darüber warum er bei diesem Vorhaben von dem neuen Reglement profitieren könnte. 

Berkutschi: Du hast im Sommer fünf Continentalcup-Wettkämpfe in Folge gewonnen. War da die Konkurrenz nicht so gut, oder du warst du einfach zu stark für den COC?

 

Wolfgang Loitzl: Ja, es ist der Continentalcup, es sind nicht unbedingt Weltcupspringer am Start, ausser vielleicht ein paar. Aber das Niveau ist nicht so schlecht wie öfter mal gesagt wird, und deswegen waren die fünf Siege schon was Besonderes. Ich bin sehr gut gesprungen und ich habe beim Sommer Grand Prix in Wisla gezeigt, dass es im Weltcup auch reicht. Deshalb war es ein sehr guter Sommer für mich.

 

Berkutschi: Du hast auch in Lillehammer gute Sprünge gezeigt und bist zweimal auf dem elften Platz gelandet.


Loitzl: Es war ein sehr guter Auftakt für mich. Die letzten 2 Winter waren eigentlich sehr schlecht, der letzte Winter besonders. Daher ist das ein guter Start. Auch die Vorbereitung über den Sommer war sehr produktiv, und Lillehammer hat auf jeden Fall mehr Spaß gemacht als das letzte Jahr.

 

Berkutschi: Das war für dich eine große Chance – du hast diesen extra Startplatz für dich selbst verdient.


Loitzl: Ja, das kann man eigentlich so sagen. Es war gleich nach dem Winter mal die Idee, ob ich mir vorstellen kann, im Sommer im Continentalcup zu starten, um dort Wettkämpfe zu absolvieren und, wenn möglich, gute Ergebnisse zu erzielen und in weiterer Folge diesen siebten Startplatz für den Weltcup zu sichern. Ich habe es dann so entschieden und so geplant, und es hat sehr gut funktioniert. Dann war eigentlich im Sommer oder im Herbst schon klar, dass ich auch im Weltcup dabei sein werde. Auch nach dem Vergleich bei den österreichischen Meisterschaften, war es dann kein Thema mehr, dass ich nicht im Weltcup springe. Es war sehr wichtig den siebten Startplatz zu haben, weil wir letztes Jahr das Problem hatten, dass wir gerade in der ersten Winterperiode bis zur Tournee nur sechs Startplätze für sieben oder acht Springer hatten. Für die Springer, die davon betroffen waren, war es sehr schwierig immer eine Qualifikation zu springen. Deswegen war es heuer für mich, aber auch für die Anderen. einfacher, weil wir sieben Startplätze gehabt haben.

 

Berkutschi: Gab es am Anfang bei dir vielleicht den Gedanken: ich muss jetzt im Continentalcup springen? Ich bin ja Weltmeister! Das ist keine Motivation weiter zu springen.


Loitzl: So habe ich es nicht gesehen. Meine guten Jahre sind schon wieder einige Zeit her. Das heißt, ich muss mich immer wieder neu beweisen. Es war wieder die Möglichkeit für mich, eine Vorbereitung mit der zweiten Trainingsgruppe zu machen, den Sommer über zu arbeiten und mehr Ruhe zu haben, um mich besser vorbereiten zu können, und mich auch über bessere Ergebnisse zu freuen und so mehr Freude und Motivation am Skispringen zu finden. Motiviert war ich immer, es war nie ein Thema, dass ich aufhöre. Es war auf jeden Fall dann auch rückwirkend die richtige Entscheidung im Sommer mit der zweiten Trainingsgruppe zu trainieren und auch die Wettkämpfe im Continentalcup zu springen.

Wolfgang Loitzl

 

Berkutschi: Du hast also nie an ein Karriereende gedacht?


Loitzl: Nein, gar nicht. Speziell die letzte Saison war sehr schlecht, ich bin nicht gut gesprungen, und das ganze Reglement hat nicht unbedingt für mich gespielt. Es war eine wirklich sehr schwache Saison, ich habe aber immer gewusst, dass ich besser springen kann. Es hat im Winter bei den Wettkämpfen einfach nicht funktioniert. Für mich war das Wissen: “ich kann besser skispringen!” eigentlich Motivation genug.

 

Berkutschi: Du hast das neue FIS Reglement erwähnt. Was ist deine Meinung darüber? Es ist ein ganz heißes Thema momentan. Mit der Möglichkeit der Verkürzung oder Verlängerung des Anlaufs, dem Wind, den Anzügen, usw.


Loitzl: Das hatten wir alles schon, mit dem Wind und auch mit dem Verkürzen oder Verlängern des Anlaufs. Bis jetzt hat das nur die Jury gemacht, jetzt hat auch der Trainer diese Möglichkeit. Ich finde es nicht schlecht. Sagen wir so: Bis jetzt hat die Jury den Anlauf verändert wenn sie der Meinung war es ist nötig. Jetzt kann der Trainer auch den Anlauf verändern wenn er denkt, dass der Springer, der am Start ist, zu weit springen würde. Es ist okay wenn es nicht missbraucht wird um irgendwo Vorteile herauszuholen. Es hat jetzt in Lillehammer eigentlich sehr gut funktioniert. Das Thema mit dem Anzug war auch etwas, das mir eher entgegengekommen ist. Ich habe im Sommer schon gemerkt, dass ich mit dem hautengen Anzug eigentlich sehr gut zurechtkomme und dass vielleicht andere Springer größere Probleme mit der Umstellung haben. Es ist jetzt auch mit dem neuen Reglement und der Toleranz von 2 cm noch so, dass ich glaube, es kommt eher den athletischeren Springern entgegen. Also nicht mehr so den Fliegertypen und auch nicht den extrem leichten Springern. Es braucht wahrscheinlich wieder ein bisschen mehr Dynamik, und das ist eigentlich das, was mir am meisten entgegenkommt.

 

Berkutschi: Es ist also ein Vorteil für dich, dass du mit der Veränderung bei den Anzügen, im Vergleich zu anderen Athleten, weniger Probleme hast?


Loitzl: Ich habe auch im Sommer gesehen, dass ich eigentlich keine Probleme mit den hautengen Anzügen hatte, im Gegensatz zu Anderen, auch bei mir in der Mannschaft. Jetzt, mit den etwas weiteren Anzügen ist es nicht mehr ganz so extrem wie es im Sommer war, aber sie sind immer noch eng. Deswegen ist es vielleicht immer noch eher ein kleiner Vorteil für mich.

 

Berkutschi: Muss man die Technik auf Grund der Anzüge etwas verändern? Manche Springer meinten, dass sie diesbezüglich Probleme hatten.

 

Loitzl: Ich glaube nicht, dass es die Technik verändert, sondern nur das Gefühl das man in der Luft hat weil weniger Tragfläche da ist und einem der Anzug weniger halt bietet. Deshalb kann es sein, dass das Gefühl für den Springer anders ist als zuvor. Ich glaube auch, dass das der Grund dafür sein kann, dass es wieder in die Richtung geht, dass längere Ski gesprungen werden und man dafür in Kauf nimmt ein, zwei Kilo schwerer zu sein. Es gab schon einige Athleten in allen Nationen, die wahrscheinlich versucht haben sehr leicht zu sein und mit kürzeren Skiern gesprungen sind. Das würde jetzt vielleicht nicht mehr so funktionieren wie noch im letzten Winter.

 

Berkutschi: Die nächsten Änderungen könnte den Kalender betreffen. Wir haben schon einmal darüber gesprochen und du hast gemeint Skispringen ist eine Wintersportart. Jetzt möchte die FIS die Saison vielleicht verlängern und z. B. Im Herbst oder im Frühjahr länger springen. Auch über einen Wettkampf im Stadion von Warschau wird gesprochen. Was hältst Du davon?


Loitzl: Ich sage immer noch: Skispringen ist eine Wintersportart. Es gehört einfach der Schnee dazu. Aber jeder Skispringer trainiert den ganzen Sommer, um im Winter gut zu sein. Jeder macht deutlich mehr Sprünge im Sommer als im Winter. Das heißt es spricht nichts dagegen, dass man im Sommer mehr Wettkämpfe veranstaltet. Ich weiß nicht, wie lange es den Sommer Grand Prix gibt, aber wahrscheinlich schon fast 20 Jahre. Diesen Sommer Grand Prix vielleicht etwas zu erweitern, mehr Wettkämpfe zu veranstalten, oder dann auch neue Anlagen dafür zu nützen finde ich auf keinen Fall eine schlechte Idee.

 

Berkutschi: Möchtest du in einem Fußballstadion springen?


Loitzl: Es wäre interessant! Die Frage ist nur, wie groß eine Schanze sein kann, die in einem Fußballstadion steht. Aber ich weiß zum Beispiel, dass es heuer in Rumänien eine Schanzeneröffnung gab, und einige Weltcupspringer dort waren. Es war dort eine K-60 und man kann auch auf einer solchen Schanze eine gute Veranstaltung machen. Es muss nicht immer noch weiter gehen, man kann einfach auf einer kleineren Anlage einen spannenden Wettkampf durchführen. Speziell wenn es in einem Fußballstadion ist, in einer Stadt, werden viele Zuschauer kommen.

 

Berkutschi: Wie lange springst du schon?


Loitzl: Ich habe mit acht Jahren angefangen, das heißt jetzt 24 Jahre. Im Weltcup bin ich seit 15, 16 Jahren.

 

Berkutschi: Was war in allen diesen Jahren am spannendsten für dich, gab es eine große Überraschung bei all den Veränderungen in dieser Zeit?


Loitzl: In all den Jahren, in denen ich jetzt dabei war... Hmmm... schwierige Frage! Ja, es hat eine Phase gegeben, es ist jetzt 10 Jahre oder länger her, da hat Fischer begonnen neue Ski zu bauen. Es war nicht ganz klar reglementiert, wie die Ski gebaut werden dürfen. Die haben dann Ski gebaut, die vorne ganz breit waren, in der Mitte dann etwas schmaler und hinten wieder ganz breit. Das war für diese Zeit eigentlich eine riesige Innovation, weil die Ski bis dahin eigentlich immer gleich waren - immer eine gewisse Breite, aber sehr tailliert. Die neuen Ski damals, die Fischer als erstes gebaut hat, waren dann sehr breit, und das war natürlich ein großer Unterschied, weil viel mehr Tragfläche da war. So wie man jetzt merkt, dass der Anzug weniger Tragfläche bietet, war es damals von Heute auf Morgen einfach viel mehr Tragfläche. Man hat gesehen, dass das Einiges verändert hat.

 

Berkutschi: In dieser Saison haben wir die Weltmeisterschaften in Val di Fiemme. Glaubst du, dass es für dich einen Platz in der Mannschaft gibt?


Loitzl: Ja, ich hoffe! (lacht) Es ist bei uns in der Mannschaft immer sehr schwierig, weil wir sehr viele gute Springer haben. Es gibt einige Kandidaten, die von vorneherein fast fix dabei sind und dann ist die Chance auf die restlichen Plätze natürlich gering. Aber da der Auftakt in Lillehammer sehr positiv für mich war, hoffe ich natürlich, dass es so weitergeht und dass ich bis zum Jänner und Februar viele gute Sprünge zeigen kann und gute Ergebnisse erziele. Dann sollte es kein Thema sein, ob ich dabei bin oder nicht. Hoffentlich kann ich dann auch in der Mannschaft mitspringen und um die Medaillen kämpfen.

 

Berkutschi: Musst du ein spezielles Limit erfüllen um in der Mannschaft zu sein?


Loitzl: Das gibt es bei uns nicht, der Trainer entscheidet. Das heißt, wenn der Trainer vier gute Springer hat und der Fünfte und der Sechste vielleicht nicht mehr so gut sind, dann werden die Vier in der Mannschaft springen, und einer ist als Ersatz dabei. Der Trainer hat das Problem, dass er sechs, sieben gute Springer hat, die alle ziemlich gleich gut sind. Dann ist es problematisch. Es kann passieren, dass es ein Gefühlsentscheid wird, oder dass vielleicht ein paar Ergebnisse hergenommen werden und man versucht, diese zu vergleichen - „der war besser, und der war schlechter“. Aber es ist immer schwierig, deswegen hoffe ich für mich, dass ich möglichst gute Ergebnisse in diesem Winter erreichen kann.

 

Berkutschi: Was denkst du, wer ist der Favorit in Val di Fiemme?


Loitzl: Das ist jetzt am Anfang der Saison ganz schwer zu sagen. Man hatte in Lillehammer schon gesehen, dass die Norweger, die Deutschen und auch die Japaner sehr stark sind. Wir haben jetzt am Freitag das erste Teamspringen, das ist dann der erste richtige Vergleich. Die Konkurrenz ist auf jeden Fall sehr viel stärker geworden, als sie es vielleicht in der letzten Jahren war. Es war immer so, dass Österreich meistens das Teamspringen gewonnen hat, aber jetzt gibt es eine so starke Konkurrenz, dass es nicht mehr so einfach wird.

 

Wolfgang Loitzl in der Hall of Fame »

 

Berkutschi: Vor allem in der letzten Saison waren die Österreich nicht mehr so dominierend. Wie du gesagt hast, die Norweger und die Deutschen waren sehr stark. Glaubst du, dass die Österreicher etwas schwächer werden, oder wird die Konkurrenz immer stärker?


Loitzl: Ich glaube, das ist auch eine Folge der neuen Anzüge. Das ganze Feld rückt einfach enger zusammen, die Dichte wird größer, und es gibt nicht mehr so die Athleten, die dominieren und immer vorne sind. Es kommt auf die Tagesverfassung an, vielleicht auch auf die Verhältnisse. Ich glaube nicht, dass immer die gleichen Athleten vorne sein werden, sondern das es sich mehr durchmischt. Man hat es auch in Lillehammer gesehen. Auf beiden Schanzen waren die Wettkämpfe sehr, sehr eng und man kann mit zwei guten Sprüngen unter den besten Fünf sein, und mit nur einem guten und einem schlechten Sprung ist man nur 15. Man braucht sehr gute Sprünge und vielleicht auch etwas Glück und wirklich ganz vorne zu sein.

 

Berkutschi: Ich habe vor diesem Interview Informationen über Bad Mitterndorf gesucht, und es gibt nicht so viele Springer in deiner Region. Warum?


Loitzl: Es war so, dass Bad Mitterndorf immer einen guten Verein fürs Skispringen hatte. Als ich angefangen habe, also vor 20, 25 Jahren, war Bad Mitterndorf ein sehr starker Verein. Es hat sich dann aber so entwickelt, dass jeder größere Verein eine eigene Mattenschanze hat, Bad Mitterndorf hat das leider nicht. Mittlerweile ist das aber notwendig. Skispringen ist ein Wintersport, aber man braucht auch im Sommer die Möglichkeit zu trainieren. Auch Kinder müssen im Sommer trainieren um sich zu verbessern. Das ist das große Problem bei uns – die Kinder müssen irgendwohin fahren um zu trainieren. Das ist natürlich nicht immer so einfach. Sie gehen in die Schule, kommen nach Hause, machen die Hausaufgaben und dann sollen sie noch irgendwohin fahren um zu springen. Ich glaube, dass es viele Kinder oder auch Eltern gibt, die dann irgendwann sagen es geht nicht mehr. Das Kind kann nicht alles machen, und dass ist ein bisschen das Problem.

 

Berkutschi: Letzte Frage: Martin Schmitt spricht offen darüber, dass er Trainer werden will. Adam Malysz hat nicht gesagt, was er machen wollte, was denkst du - was willst du nach dem Karriereende machen? Denkst du, dass es ein "Leben nach dem Springen" gibt?

 

Loitzl: Ja, sicher. Aber nachdem ich jetzt so viele Jahre das Skispringen betreibe, und ich es sehr gern mache, kann ich mir auf jeden Fall vorstellen, dass ich dem Skispringen in gewisser Art und Weise erhalten bleibe. Ich kann mir auch vorstellen, als Trainer tätig zu sein. Es ist immer die Frage, wo der Weg dann auch wirklich hingeht. Für mich sieht der Plan jetzt so aus, dass ich schon noch weiter springen will. Das heißt dann auch 2014 – Olympische Spiele. Je nachdem, wie es jetzt diesen Winter funktioniert, wie es dann die Saison darauf funktioniert, einfach weiterzuschauen. Es ist dann 2015 wieder eine Weltmeisterschaft. Es gibt noch einige Möglichkeiten etwas zu gewinnen. Früher oder später werde ich dann Skisprungpensionist, und dann sehe ich weiter.

 

Berkutschi.com: Und denkst du auch an den Motorsport, wie viele andere Skispringer, z.B. Malysz, Hannawald, Morgenstern, Kofler, usw.?


Loitzl: Hmmm... Das muss ich nicht unbedingt haben. Also, wenn andere in diese Richtung etwas unternehmen und Spaß daran haben, dann ist es für sie okay, aber ich brauche das nicht.

 

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