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Alexander Stöckl: "Traum vom Gesamtsieg ist erledigt"

Erstellt am: 02.01.2012 19:06 / ms

Mit dem Sturz von Tom Hilde beim Auftaktspringen und ausgebliebenen Spitzenresultaten von Anders Bardal durchlebte das norwegische Team eine turbulente erste Hälfte bei der diesjährigen Vierschanzentournee. Berkutschi sprach mit Cheftrainer Alexander Stöckl über geplatzte Träume, neue Zielsetzungen und den Druck der Öffentlichkeit.

 

Berkutschi: Aus aktuellem Anlass: Wird es nach dem Ausfall von Tom Hilde eine Nachnominierung geben?

 

Alexander Stöckl: Ja, wir haben Kenneth Gangnes nachnominiert. Er hat im Continentalcup sehr gute Ergebnisse erzielt und hatte uns auch den zusätzlichen Quotenplatz ersprungen. Er wird am heutigen Montag nach Innsbruck reisen. Der Rest der Mannschaft bleibt unverändert für die nächsten beiden Tourneespringen.

Vegard Haukoe Sklett

 

Berkutschi: Direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ist Tom Hilde wieder zur Mannschaft gestoßen, was für einen großen Zusammenhalt im Team spricht. Ist es auch Teil deiner Philosophie, das Gemeinschaftsgefühl und den Mannschaftsgeist besonders zu stärken?

 

Stöckl: Auf jeden Fall. In dieser speziellen Situation war es vor allem für Tom selbst sehr wichtig, gleich wieder bei seiner Mannschaft sein zu können. Er war zunächst einmal erleichtert, das Krankenhaus überhaupt so frühzeitig verlassen zu dürfen und ich glaube, dass es auch für die Teamkollegen von Bedeutung war, ihn schnell wieder in ihrer Nähe zu haben. Die Norweger sind bekannt dafür, untereinander eng miteinander befreundet zu sein. Wenn ein Leistungsträger wie Tom fehlt, hinterlässt das eine große Lücke. Für die anderen aus dem Team war es ein Schock, als sie von Toms Diagnose erfuhren. Wir sehen es nun so, dass man auch für den Verletzten springt und er schließlich wieder in ein starkes Team zurückkehren kann.

 

Berkutschi: In den bisherigen Wettkämpfen habt ihr eine mannschaftliche Geschlossenheit gezeigt, die sehr guten Einzelresultate haben zuletzt allerdings gefehlt. Woran hat es in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen gelegen?

 

Stöckl: Für Anders Bardal war der Druck im Vorfeld der Tournee recht groß. Der erste Sprung in Oberstdorf lief eigentlich gut, er hatte allerdings Pech mit den Bedingungen über dem Vorbau und daraufhin ziemlich viele Punkte verloren. Das machte es natürlich doppelt schwierig: Man weiß, dass man vorne mitmischen könnte, hat aber nach dem ersten Sprung der Tournee bereits einen Rückstand von etwa 20 Punkten. In Garmisch wollte Anders dann einfach zu viel, dementsprechend haben sich alte Fehler wieder in den Sprung eingeschlichen. Wenn dann zusätzlich die Verhältnisse nicht passen und Gregor Schlierenzauer perfekt springt, kann man kaum etwas aufholen. Wir sind momentan noch nicht auf dem Niveau, dass es uns egal ist, aus welcher Richtung der Wind kommt. Unser Ziel ist es, dahin zu kommen, dass wir kein Glück mit dem Wind mehr brauchen.

 

Berkutschi: Wie genau sehen die Zielsetzungen für die zweite Hälfte der Tournee denn nun aus?

 

Stöckl: Für Anders Bardal ist der Traum vom Gesamtsieg ganz klar erledigt. Es geht jetzt nur noch darum, dass er zwei gute Wettkämpfe in Innsbruck und Bischofshofen macht und an seine vorherigen Leistungen anschließt. Für den Rest der Mannschaft stand von Anfang an fest, dass es sich einfach um vier Einzelspringen handelt, bei denen vor allem auch die jungen Springer Erfahrungen sammeln sollen.

 

Berkutschi: Es ist deine erste Tournee als Cheftrainer. Wie empfindest du den Leistungsdruck dabei?

 

Stöckl: Es geht eigentlich, ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Dadurch, dass unsere Ergebnisse zuvor schon recht gut waren und wir mit Zuversicht zur Tournee gefahren sind, waren der Druck und die Erwartungen nicht übermäßig. Wir haben nicht wie die Österreicher zwei oder drei Athleten, die vorne mitspringen. Wir haben gewusst, dass wir einen davon in unseren Reihen haben, daher war der Druck für den Rest des Teams nicht so groß. Ich kannte das Tournee-Geschehen noch aus meiner Zeit als Co-Trainer und wusste, dass es stressig ist. Ansonsten sehe ich es aber wie ein normales Weltcupspringen mit ein bisschen mehr Aufmerksamkeit.

 

Berkutschi: Ist die norwegische Öffentlichkeit kritischer, wird dort auch verstärkt auf Details wie beispielsweise die Anfahrtsgeschwindigkeit geachtet?

 

Stöckl: Das ist richtig. Der Stellenwert des Skispringens ist in Norwegen sehr hoch, das hat auch kulturelle Hintergründe. Aus diesem Grund ist das Interesse an solchen Randinformationen selbstverständlich auch groß.

 

Berkutschi: Bedeutet das auch zusätzlichen Druck für das Service-Team?

 

Stöckl: Wir sind glücklicherweise in der Lage, eine der schnellsten Nationen in der Anfahrt zu sein. Thomas Hörl macht wirklich einen super Job. Was die meisten Leute aber nicht sehen, ist, dass der Wachser nicht alleine für die Geschwindigkeit verantwortlich ist. Wenn ein Springer einen Stundenkilometer hinterher fährt, dann hat er wahrscheinlich keine optimale Anfahrtsposition. Deshalb haben wir in letzter Zeit auch verstärkt an den Positionen gearbeitet.

 

Berkutschi: Hattest du ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Service-Leute, als du den Trainerjob in Norwegen angenommen hast?

 

Stöckl: Das Verhältnis zum ehemaligen Wachser hat nicht so gepasst. Daher wurde ich gefragt, ob ich jemanden aus Österreich kenne, der diesen Job übernehmen könnte. Da dachte ich an Thomas Hörl, da er zuvor schon bei den Kombinierern mitgeholfen hatte. Er war direkt interessiert. Im Fall von Andreas Vilberg ist es so gewesen, dass ich zunächst mit einigen Anwärtern gesprochen habe. Wir haben uns aber letztendlich für ihn entschieden, weil er frisch aus dem Sprungsport kam und sich sogar selbst um seine Anzüge gekümmert hatte. Er ist also wirklich kompetent und hat Ahnung in Sachen Material. Es war uns wichtig, dass wir einen Insider dabei haben, der dies auch aus der Sicht eines Athleten kennt.

 

Berkutschi: Das norwegische Team ist sehr aktiv in Sachen Social Media und auch du nimmst regelmäßig über Twitter und Facebook Stellung. Wie wichtig ist es, einen solch direkten Kommunikationskanal zur Öffentlichkeit zu haben?

 

Stöckl: Anfang der Saison hatten wir ein dreitägiges Medien-Camp, wo darüber gesprochen wurde, wie man noch mehr Leute für das norwegische Skispringen begeistern könnte. Den Springern liegt die Kommunikation über solche Plattformen sehr, daher hatten sie auf dieses Thema auch große Lust. Für uns ist es wichtig, damit sowohl Sponsoren als auch Fans direkt ansprechen zu können. Dass auch die Meinung des Cheftrainers ungefiltert zugänglich ist, hat aus meiner Sicht eine große Bedeutung.

 

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