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Pekka-Niemelä-Interview: "Die Management-Krise trifft uns hart"

Erstellt am: 30.12.2011 17:26 / os

Pekka Niemelä übt derzeit ein schwieriges Amt aus - er ist der Trainer der finnischen Skispringer. Das finnische Skispringen steckt in einer Krise, die Niemelä im ausführlichen Interview mit Berkutschi erläutert. Niemelä kämpft unverdrossen um Top-Resultate und eine Wendung. Seine Hoffnung ist nicht unbegründet, wie er verrät.

 

Berkutschi: Pekka Niemelä, es ist keine einfache Situation derzeit im finnischen Skispringen. Was sind ihre Erwartungen für die Vierschanzentournee?

Pekka Niemelä:  Ja, in der Tat, es war nicht leicht. Die Gründe dafür sind zweierlei. Zwei unserer besten Springer, Janne Ahonen und Harri Olli, haben ihre Karriere beendet. Und mit Ville Larinto und Janne Happonen haben sich zwei weitere sehr gute Athleten schwere Knieverletzungen zugezogen. Beide sogar jeweils zweimal. Es ist kaum zu kompensieren, wenn auf einen Schlag vier der besten Springer wegfallen. Auf der anderen Seite haben wir mit schweren finanziellen Problemen zu kämpfen. Wir konnten also zwischen den Wettkämpfen nur sehr eingeschränkt trainieren. Somit haben wir in dieser Situation, die natürlich auch eine sportliche Krise ist, eher eine Art Management-Krise. Die aber trifft unsere Sportler voll.

 

"Springer müssen Leistungsfähigkeit abrufen"

 

Unser Teamgeist ist nach wie vor super, die Stimmung ist gut. Die Frage ist eher, wie können wir vernünftig trainieren. Im Hinblick auf die Tournee hoffe ich, dass die Athleten ihre Leistungsfähigkeit abrufen können, sie müssen also gut springen, technisch sauber bleiben und ein bisschen mehr Lächeln.

 

Die Ergebnisse der finnischen Mannschaft »

 

Berkutschi:  Aber die Springer glauben noch an Ihre Strategie und im Training gibt es noch ausreichend Spaß?

Niemelä:  Die Atmosphäre innerhalb der Mannschaft ist immer noch richtig gut. Wir arbeiten gut zusammen und alle ziehen an einem Strang. Es gibt aber diese finanziellen Probleme und die fehlenden Resultate, das schlägt sich auf alle Springer nieder. Ich selbst habe meine Strategie nicht geändert, seit wir in der vergangenen Saison den Doppelsieg in Kuopio geschafft haben. Aber seit dem hat sich viel in unserem Umfeld geändert.

 

Die Karriere-Resultate von Ville Larinto »

 

Berkutschi: Sie sprachen eine Management-Krise an, die sie ausbaden müssen. Meinen Sie damit, dass es nicht genug Nachwuchs in Finnland gibt?   

Niemelä:  Management-Krise heißt in unserem Fall der Rückgang der finanziellen Unterstützung und die Tatsache, dass hinter unseren besten Springern nichts nach kommt. Es gibt nur sehr wenige Athleten im Alter von 16 bis 22 Jahren, auf die wir zurückgreifen können. Ich sehe aber Licht am Ende des Tunnels. Denn unter den Jungs, die jünger als 16 Jahre sind, wächst viel heran, da setze ich drauf, dass da Springer dabei sind, die uns voran bringen können. Mein Traum ist, dass die verbliebenen Top-Athleten Matti Hautamaeki, Anssi Koivuranta, Janne Happonen und Ville Larinto Top-Ergebnisse erzielen können, und zwar trotz der finanziellen Probleme. Und dann können wir auch wieder neue Sponsoren gewinnen und dieses Geld dann den unter 16-Jährigen zukommen lassen, damit wir für die Zukunft wieder gut aufgestellt sind.

 

"Medien fragen, woher diese strukturelle Krise kommt"

 

Berkutschi: Wie ist denn die Situation in Finnland? Steigt der Druck oder gerät das Skispringen aus dem Fokus der Öffentlichkeit?

Niemelä: Oh, nein, nein, nein, es wird immer mehr. Gerade durch die Krise gibt es sehr viele Berichte in den Medien, die sich allerdings weniger um die Springer und die Trainer kümmern. Sie fragen, wie es passieren konnte, dass eine Sportart mit dem Stellenwert wie Skispringen in Finnland dahin kommen konnte, wo sie jetzt ist. Es ist die meist beachtete Sportart in Finnland, es kommen die meisten Fans an die Schanze, und das in vielen Jahren. Sie fragen, wie es passieren konnte, dass das Budget für die Trainingslager im Sommer und für den gesamten Weltcup auf 100.000 Euro zusammengestrichen wurde. Das lässt einem ja keine Möglichkeit mehr, auf einem hohen Level zu arbeiten. Wir haben für das gesamte A-Team etwas mehr als 400.000 Euro zur Verfügung, darin sind die Löhne enthalten und alle Kosten, die für Autos, Equipment etc. anfallen. Wir müssen aber die Straße für die kleinen Ahonens präparieren. Man kann nicht einfach das Budget kürzen, es gibt keinen Hokuspokus, mit dem man die gleichen Ergebnisse erzielen kann wie vor der Budgetkürzung. Die richtige Struktur ist das A und O.

 

News: Krise um finnisches Team vorerst beigelegt »

 

Berkutschi:  Es gab ja auch einige gute Resultate in dieser Saison von Janne Happonen und Matti Hautamaeki. Daran müssen die Athleten doch anschließen, oder?

Niemelä:  Natürlich. Ich bin da voller Vertrauen in die Springer. Wir müssen aber auch Geduld haben. Wenn erst Ville Larinto wieder zurück ist, wenn Janne Happonen wieder im Vollbesitz seiner Kräfte ist, wenn Matti Hautamaeki seine Sachen wieder beieinander hat und wenn Anssi Koivuranta gut springt, dann haben wir eine Mannschaft, die eine Olympische Goldmedaille holen kann. Wir hatten einfach auch extremes Pech. Koivuranta war in seinem ersten Jahr, Happonen konnte vielleicht 20 Prozent dessen trainieren, was andere absolvieren, einfach weil er ein kaputtes Knie hatte. Was konnten wir von ihm erwarten mit diesem Trainingspensum? Matti Hautamaeki ist 30 Jahre alt, er verfügt über eine exzellente körperliche Substanz. Deshalb glaube ich, wird er noch gute Resultate in dieser Saison erzielen. Er hat in dieser Saison nur 25 Trainingssprünge. Seine Technik ist nicht da, wo wir sie sehen wollen. Das kann man aber nur im Training ändern, das geht nicht so einfach im Wettkampf.    

 

Die Resultate von Janne Happonen »

 

Berkutschi: Werden wir Ville Larinto in dieser Saison noch auf den Schanzen sehen?

Niemelä:  Ich glaube ja. Er ist ein so exzellenter Junge. Und er ist auch noch jung. Natürlich hat er sich zweimal das Kreuzband gerissen. Im Januar beim weitesten Sprung des Neujahrsspringens. Und Happonen beim Flug auf 240 Meter - finnischer Rekord. Das war solches Pech und das lag auch nicht im meiner Hand. Wir müssen jetzt sehen, dass wir die Management-Krise in den Griff bekommen. Alle, vom Direktor an, müssen die richtigen Entscheidungen treffen, um das finnische Skispringen wieder in die Spur zu bekommen. Meine Aufgabe dabei ist es, die Springer motiviert und in guter Verfassung zu halten. Ich fühle dabei mehr Unterstützung als bei den Top-Ergebnissen anfangs der letzten Saison. Denn ein Trainer wird dann am meisten benötigt, wenn es nicht so gut läuft. Jetzt ist es schwieriger, es geht eben nur Schritt für Schritt voran. 

 

Berkutschi: Okay, vielen Dank, kämpfen Sie weiter. Und viel Erfolg bei den anstehenden Springen.

Niemelä: Vielen Dank.

 

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