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Interview mit Wolfgang Steiert

Erstellt am: 22.10.2009 19:33 / os

In der vergangenen Saison holten die Russen vor allem durch Dimitri Vassiliev viele Podestplatzierungen. Vassiliev wurde Weltcup-Gesamtfünfter und erzielte damit das beste Ergebnis seiner Karriere. Berkutschi.com hat mit Trainer Wolfgang Steiert gesprochen, der schon seit 2004 die Russen betreut. Der Schwarzwälder ist in Russland richtig angekommen und sieht das Team auf einem guten Weg.

Auf dem Weg nach oben

 

 

Berkutschi.com: Wolfgang Steiert, vor vier Jahren in Turin hätte es fast mit einer Olympiamedaille für die Russen geklappt. Wie lautet das Ziel für Vancouver 2010?

Wolfgang Steiert: Jetzt die Medaille holen. Nein, im Ernst. Vor vier Jahren wäre es zu früh gewesen. Gleich im ersten Jahr eine Olympiamedaille, das wäre zu früh gekommen für das Team. Wir haben das Positive aus diesem Ergebnis herausgezogen und daraus gelernt. Unser Weg nach Sotschi geht langsam und stetig nach oben. Es ist alles darauf ausgerichtet, bei Olympia 2014 vorne dabei zu sein.

Wolfgang Steiert mit D. Vassiliev

 

Berkutschi.com:  In der vergangenen Saison war Dimitri Vassiliev so stark wie nie und deutlich bester Russe. Im Sommer zeigte Denis Kornilov, einer aus der jüngeren Garde, was er kann. Ist es im kommenden Winter Zeit für die Wachablösung?

Steiert: Mit Sicherheit nicht. Durch gutes Training haben wir es geschafft, den Kornilov dahin zu bringen, wo er hingehört. Er hatte einfach eine lange Zeit seine Nerven nicht im Griff. Im Sommer hat er gezeigt, wozu er in der Lage ist. Er hat sich vor allem flugtechnisch gesteigert, auch seine Kraftwerte sind wesentlich besser.

Bei Dimitri ist klar: Den schreiben wir lange nicht ab. Im Sommer ist er nie gut, den vorigen Sommer ist er noch schlechter gewesen, katastrophal. Aber das zählt für ihn nicht. Gute Ergebnisse im Sommer sind schön, aber was zählt, ist der Winter. Wenn es kalt wird, fängt Dimitris Körper an zu arbeiten. Er ist einfach im Winter wesentlich stärker.

Steiert mit Bernie Schödler

 

Berkutschi.com:  Wie groß sind denn die Hoffnungen, gerade in der Olympiasaison eine schlagkräftige Mannschaft zu stellen? Bisher haperte es ja vor allem bei den jüngeren Springern bei der Konstanz...

Steiert: Rückblickend waren wir auch mannschaftlich nicht schlecht. Gleich beim Auftakt in Kuusamo wären wir auf dem Treppchen gelandet, wenn Denis nicht gestürzt wäre. Dann gab es den zweiten Platz in Oberstdorf. Wir waren Sechster im Nationenweltcup, das sind alles schöne Resultate. Andere Verbände haben bessere Strukturen als wir, aber auch wir sind auf einem guten Weg. Es ist auch kein russisches Problem, dass die Jungen nicht gleich ganz nach vorne kommen. In den vergangenen Jahren wurde der Weltcup von routinierten Kräften dominiert, ein Gregor Schlierenzauer ist da eine absolute Ausnahme.

 

Berkutschi.com:  Werfen wir mal einen Blick zurück. Als Sie bei den Russen anfingen, hieß es immer, da ist kein Geld da, da sind keine guten Trainingsmöglichkeiten, da wird man auf Dauer nicht glücklich. Was hat sich geändert in den vergangenen Jahren in Russland?

Steiert: Die ersten zwei, drei Jahre waren hart. Aber es ist schon Vieles besser geworden. Die erfolgreiche Olympia-Bewerbung war ein Meilenstein, ein Sechser im Lotto. Endlich wird Skispringen in Russland wahrgenommen, nicht mehr nur Biathlon oder Bob. Das hat uns natürlich auch viel Geld gebracht. Man muss dazu allerdings auch sagen, dass das Betreuerteam von unserem Hauptsponsor bezahlt wird. Ohne diesen Etat wäre die Arbeit, die wir leisten, nur eingeschränkt möglich.

Berkutschi.com:  Hat die erfolgreiche Olympiabewerbung von Sotschi 2014 tatsächlich so viel verändert?

Steiert: Sagen wir mal so, wir leben nicht in Saus und Braus, aber es ist schon viel besser als bei meinem Amtsantritt. Es gibt eben generelle strukturelle Probleme in Russland. Was in Deutschland untragbar ist, ist in Russland normal. Die Mentalität der Menschen ist anders, das Land hat andere Probleme zu bewältigen. Wichtig für uns ist, dass Skispringen jetzt in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

 

Berkutschi.com:  Aber ist denn im Zuge von Olympia 2014 auch der Druck auf die Springer gestiegen oder haben sie noch Schonfrist?

Steiert: Wir kommen gerade von unserem Abschlusslehrgang in Teneriffa. Da haben die Springer sicher nicht jeden Tag an Sotschi 2014 gedacht. Soweit denken die Athleten nicht. Jetzt steht erstmal die neue Saison bevor mit den Olympischen Spielen in Vancouver. Das interessiert uns. Aber natürlich wirft Sotschi seine Schatten voraus, Olympia unterstützt uns sehr. Da denken wir schon alle dran, aber nicht im täglichen Ablauf.

 

Berkutschi.com:  Sie haben sich Ihre Leute ins Team geholt, trainieren auch viel in Deutschland. Lässt man Sie denn von Verbandsseite frei schalten und walten oder gibt es auch mal ein Machtwort von oben?

Steiert: Wir sind mit sechs Mann in die Saison gestartet. Die Continentalcup-Trainer waren nicht zufrieden und haben einen Mann aus unserem Team abgezogen. Daraufhin habe ich dann ein Machtwort gesprochen. Im A-Kader ist die Arbeit sehr gut. Wir haben mit Bernie Schödler einen fähigen Mann geholt, mit dem ich den nächsten Schritt nach oben gehen möchte. Das Problem ist also nicht der A-Kader. Alles unterhalb des A-Kaders ist nicht so strukturiert. Das muss bis Sotschi besser werden, wenn wir da Erfolge haben wollen.

Es ist in Russland auch so, dass Geld die Welt regiert. Das meiste Geld ist in Moskau. Dennoch kommen von dort schlechte Ergebnisse. Dagegen kann man nichts machen. Aber wir, also der A-Kader, können auch dank der Sponsoren unabhängig arbeiten. Der russische Verband kann das alleine nicht leisten.

 

Berkutschi.com:  Wie läuft die Nachwuchsförderung in Russland? Ist man da mit der Basis immer in Kontakt? Ist das in diesem Riesenreich überhaupt möglich?

Steiert: Das Gute ist, dass Hinterzarten sozusagen ein russischer Stützpunkt geworden ist. So bekommt man Kontakt zu den Russen, die im FIS-Cup springen. Es kommen immer mal wieder junge Springer nach Hinterzarten. Da sind einige Talente dabei, die wir da dann immer mal zu Gesicht bekommen. Ansonsten ist es schwierig, Kontakt zu allen zu halten. Aber es gibt auch unter den Trainern Austausch.

 

Berkutschi.com:  Ist es für Sie das große Ziel, die russischen Skispringer bis Sotschi 2014  zu führen? Und, welche Ergebnisse sind dafür notwendig, damit man weiterhin an Ihnen festhält?

Steiert: Drei Goldmedaillen in Vancouver (lacht). Also, ich bin schon länger dabei, als es mir die meisten zugetraut haben. Für mich war das genau der richtige Weg. Nach den erfolgreichen Jahren eines Reinhard Heß war meine Mission als Nationaltrainer in Deutschland zum Scheitern verurteilt, das muss man klar sagen. Jetzt geht es mir aber richtig gut in diesem Job. Allerdings weiß ich nicht, ob ich bis 2014 Trainer in Russland bin. Solange plane ich nicht.

 

Berkutschi.com:  Letzte Frage, Sie haben einen Wunsch frei: Was wünscht sich Wolfgang Steiert für die Saison 2009/10?

Steiert: Ich wünsche mir eine sturzfreie Saison. Wichtig ist, dass wir gesund sind und Freude am Sport haben. Dann kommen auch die Ergebnisse.

 

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