Trainer Interview: Pekka Niemelä
Pekka Niemelä begann seine Trainerkarriere bereits 1997 als Stützpunkttrainer in Kuopio, dort arbeitete er unter anderem mit Matti Hautamäki, Janne Happonen und Toni Nieminen. Vier Jahre später zog es den Finnen dann nach Japan, wo er als Coach im Team Tsuchiya, dem auch Skisprunglegende Noriaki Kasai angehört, tätig war. Im Frühjahr 2006 übernahm er in Frankreich seinen ersten Posten als Cheftrainer einer Nationalmannschaft und konnte in den Jahren seiner Tätigkeit vor allem Emmanuel Chedal zu einer Leistungssteigerung verhelfen.
2010 kehrte Niemelä in sein Heimatland zurück und wurde Cheftrainer der finnischen Nationalmannschaft. Seitdem hat er dort mit vielen verschiedenen Problemen zu kämpfen. Mit Janne Ahonen, Harri Olli und Matti Hautamäki haben in den letzten Jahren die Leistungsträger aus den verschiedensten Gründen ihre Karrieren beendet, das Team leidete immer wieder unter grossem Verletzungspech und auch die finanzielle Unterstützung ist nicht in dem Maße vorhanden wie es sich Trainer und Springer wünschen würden.
Trotz alledem, und den auch daraus resultierenden schwächeren Ergebnissen in letzter Zeit, versucht Niemelä mit Geduld und Optimismus das Skispringen in Finnland wieder nach vorne zu bringen. Die grössten Hoffnungen ruhen dabei auf Ville Larinto und Janne Happonen, die nach ihren schweren Verletzungen im nächsten Winter wieder zu alter Stärke zurückfinden sollen. Gleichzeitig muss man abwarten was Anssi Koivuranta, der derzeit an einer Knieverletzung laboriert, Olli Muotka und der erst 17-jährige Youngster Jarkko Määttä bringen können.
Berkutschi: Der erste Doppelsieg im Weltcup 2010 und kurz danach haben die Finnen in einem kurzen Zeitraum viele top Athleten verloren. Ahonen, Hautamäki und Olli haben ihre Karrieren beendet, Ville Larinto und Janne Happonen haben sich zweimal schwer verletzt. Zusätzlich befindet sich das Team auch in einer finanziell nicht einfachen Situation. Nur wenige Trainingslager sind möglich, es gibt nur wenige bezahlte Trainer in Finnland, für COC und FIS Cup Wettkämpfe sowie die Ausrüstung müssen die Athleten meist selbst bezahlen. Es sind schwere Zeiten für das Skispringen in Finland.
Pekka Niemelä: Ja, man kann sagen, dass es ziemlich schwierige Phasen gegeben hat. Gleich nach dem Doppelsieg im Dezember 2010 haben wir innerhalb kurzer Zeit fünf unserer besten Athleten verloren und das Team hatte ernsthafte finanzielle Probleme. Aber das Wichtigste für mich und das Team ist, dass wir nach vorne schauen und es keinen Raum für negative Gedanken gibt. Wir müssen unsere gesamte Energie für die tägliche Arbeit nutzen.
Wir haben jetzt auch einen neuen Vorsitzenden bei Finnjumping und man versucht eine neue Richtung einzuschlagen was, zum Beispiel, das Marketing betrifft. Am 5.11.2012 fällt auch der Startschuss zu einer neuen Marketing-Kampagne, die es so im finnischen Sport noch nicht gab. Man wird sehen was das bringt.
Ich als Trainer habe versucht mich darauf zu konzentrieren die Athleten zu unterstützen und im Sommer eine bessere Kooperation zwischen den Trainingszentren in Lahti, Kuopio, Vuokatti und Rovaniemi aufzubauen. Damit soll die tägliche Arbeit in den Zentren auf ein höheres Level gebracht werden, da wir mit dem Nationalteam nur wenige Trainingstage zusammen haben, an denen wir die Leistung der Athleten beeinflussen können. Ich habe vier Treffen der wichtigsten finnischen Trainer abgehalten wo wir mit Experten ein paar Trainingstage zusammen mit den Junioren, und den Springern des A- und B-Kaders hatten. Es freut mich sehr, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert hat und auch die neue Generation ein paar Schritte nach vorne machen konnte. Zum Beispiel hatten wir im COC letzten Sommer fünf verschiedene Athleten in den Top 8. Das ist schon was.
Wenn die zuletzt verletzten Larinto und Happonen wieder ihr volles Leistungsvermögen erreichen, freue ich mich auch wieder auf top Ergebnisse im Weltcup. Beide haben ausgezeichnet für ein Comeback gearbeitet, genauso wie Koivuranta, auch wenn er wegen Knieproblemen seit fast zwei Wochen nicht mehr gesprungen ist. Ich hoffe er wird bald zurückkommen, denn er hat ebenfalls grosses Potential für die Zukunft und ich hoffe, dass neue Gesichter das A-Team herausfordern. Ich träume trotz aller Probleme immer noch von einer Olympischen Medaille.
Berkutschi: Wie ist momentane Situation von Ville Larinto?
Niemelä: Er war zuerst lange in der Rehabilitation, dann stand viel Krafttraining auf dem Programm, jetzt gilt es die Technik zu stabilisieren und Selbstbewusstsein aufzubauen. Ville ist ein körperlich starker, professioneller Athlet und ich freue mich auf sein Comeback. Es sieht vielversprechend aus, er braucht nur noch etwas Zeit. Larinto und Happonen haben auf Grund der Verletzungen ungefähr 30 % ihres Kraftniveaus verloren, also war es wichtig das wieder aufzubauen.
Berkutschi: Janne Happonen hat bereits drei Weltcupspringen gewonnen. Wann sehen wir seinen vierten Sieg?
Niemelä: Ich glaube, es wird nicht mehr lange dauern. In diesem Sommer konnte er für das erste Mal seit vier Jahren fast voll trainieren und ist auf dem Weg auch körperlich sein altes Niveau wieder zu erreichen. Seine Sprünge sind viel konstanter geworden. Ich bin stolz als Cheftrainer und als Heimtrainer in Kuopio mit Janne arbeiten zu können und ihn so bei seinem Comeback zu unterstützen. Er hatte viele schwere Verletzungen, Oberschenkelbruch 2008, 2010 waren alle Bänder im Knie gerissen, 2011 hatte er einen Kreuzbandriss, aber er hat die finnische Mentalität die wir SISU nennen. Er gibt nie auf und deshalb macht es mich stolz mit ihm zu arbeiten.
Berkutschi: Was ist mit den jungen Springern im Team? Gibt es welche denen Du zutraust einen Platz im Weltcup zu erreichen?
Niemelä: Ich habe eine positive Entwicklung gesehen. Zum Beispiel bei Lauri Asikainen, Jarkko Määttä, Mika Kulmala und Sami Niemi. Ich erwarte, dass wir in diesem Winter einige neue Gesichter im Weltcup sehen.
Berkutschi: Was ist das Ziel für den kommenden Winter, im Einzel und im Team?
Niemelä: Unser grösstes Ziel sind die Olympischen Spiele 2014 und natürlich die WM in Lahti 2017. Davor versuchen wir jeden Tag so hart wie möglich zu arbeiten und wenn die Zeit gekommen ist, erwarte ich gute Ergebnisse. Wir werden sehen, wann das passiert, früher oder später. Natürlich sind die Vierschanzentournee und die WM in Val di Fiemme die Highlights der Saison und auch die Heimwettkämpfe haben eine besondere Bedeutung.
Berkutschi: Welche Ergebnisse können wir von dem Team im nächsten Winter erwarten?
Niemelä: Wir werden sehen. Ich hoffe auf Top 10 Ergebnisse. An einem guten Tag kann es in einem Einzelwettkampf auch mal besser sein. Ich habe keine allzu grossen Erwartungen, muss realistisch sein und versuchen die Entwicklung Schritt für Schritt voranzutreiben.
Berkutschi: Was denkst Du über die neue Anzüge?
Niemelä: Die Regeln sind für alle gleich, darum geht's im Prinzip. Natürlich ist es richtig, dass die Auswirkungen kleinerer technischer Fehler und auch des Windes möglicherweise grösser werden. In unserem Team haben wir aber keinen Platz für negative Gedanken was das angeht. Wir müssen uns gut auf die Regeln einstellen und unsere Energie darauf verwenden. Im Sommer Grand Prix haben die Regeln eigentlich ziemlich gut funktioniert. Natürlich braucht man, um weit zu springen, mehr Anlaufgeschwindigkeit. Deshalb wird die Flugkurve höher und man landet auch aus einer grösseren Höhe als in den Jahren zuvor. Wir werden sehen wie das auf Skiflugschanzen sein wird, da gibt es noch keine Erfahrungswerte.
Berkutschi: Wer ist den Favorit auf den Gesamtweltcupsieg?
Niemelä: Ich habe keinen Favoriten. Mir gefällt das Level im Skispringen, es gibt möglicherweise mehr als fünf Athleten, die den Gesamtweltcup gewinnen können, besonders in diesem Winter. Vielleicht gibt es auch neue Gesichter und einige Veränderungen in den Top 10. Aber ich denke im Prinzip werden die Gleichen vorne sein wie in den letzten Jahren auf Grund ihrer tollen Leistungen was Kraft, Technik und mentale Stärke angeht. Die neuen Regeln ändern meine Meinung nicht, was das betrifft.
Berkutschi: Glaubst Du, dass die Österreicher wieder so dominieren werden?
Niemelä: Warum nicht? Sie haben ein starkes und grosses Team, gesunde Athleten mit viel Selbstvertrauen und eine grosse Unterstützung in ihrem Land. Aber ich sehe auch gute Herausforderer aus anderen Ländern. Finnland will in Zukunft auch dazugehören, wenn die Zeit dafür reif ist. Als Erstes müssen wir aber weiter jeden Tag hart arbeiten und daran glauben.
Interviews mit den Trainern
Teil 1 - Lukasz Kruczek »
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