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Winterlich: Die Skiflug-WM ist unser großes Ziel

Erstellt am: 11.10.2011 11:35 / sk

Joachim Winterlich ist einer der erfahrensten Trainer im Skisprungzirkus, seit einiger Zeit betreut er nun bereits das bulgarische Team rund um Juniorenweltmeister Vladimir Zografski. Mit Berkutschi sprach er über seinen besten Athleten, das Arbeiten in Bulgarien und die großen Ziele für den nächsten Winter.

 

Berkutschi: Joachim, du warst Trainer einiger renommierter Athleten. Wie genau bist du schließlich nach Bulgarien gekommen?

 

Winterlich: Es stimmt, dass ich bereits viele Athleten aus den verschiedensten Verbänden und Nationen trainiert habe. Dadurch bekam ich auch die Gelegenheit, einige gute Springer - wie etwa Jens Weißflog, Roberto Cecon oder Andreas Küttel - zu betreuen. Nach einer kurzen Pause bin ich wieder in Deutschland gelandet und habe beim Olympiastützpunkt Oberwiesenthal gearbeitet, was auch eine sehr interessante Zeit war. Letztendlich kam dann ein Anruf von FIS-Renndirektor Walter Hofer, der mich über das Anliegen des bulgarischen Skiverbandes informierte. Zu viele unterschiedliche Philosophien der einheimischen Trainer haben dazu geführt, dass der Verband schließlich einen ausländischen Trainer mit Erfahrung verpflichten wollte.

 

Berkutschi: Was ist die Motivation, in einer kleinen Skisprung-Nation wie Bulgarien zu arbeiten?

 

Winterlich: Zum Zeitpunkt dieses Anrufs hatte ich für mich eigentlich beschlossen, nicht mehr arbeiten und durch die Welt reisen zu wollen. Ich bin aber nach Bulgarien geflogen und habe mich mit den Verantwortlichen unterhalten und mir einen Eindruck von den Athleten verschafft. Bei einigen Jungs habe ich Potential entdeckt, darunter war auch Vladimir Zografski. Mir erschien diese Aufgabe am Ende so interessant, dass ich mich für den Job entschieden habe - und im Anschluss daran auch Vladimirs Vater, Emil Zografski, als Co-Trainer verpflichtet habe. Wenn ich auf die vergangenen vier Jahre unserer Zusammenarbeit zurückschaue, kann ich nur bestätigen, dass dies die beste Entscheidung war.

 

Berkutschi: Was ist Vladimir für ein Athlet, wie würdest du ihn charakterisieren?

 

Winterlich: Vladimir ist ein sehr sensibler Athlet, der sich stets viele Gedanken macht und grübelt. Das macht sich dann auch schnell auf der Schanze bemerkbar. Er hat sich aber enorm entwickelt, auch wenn er in athletischer Sicht noch nicht an einen Gregor Schlierenzauer heranreicht. Im koordinativen Bereich hat er noch Reserven, auch die Anfahrtsposition passt noch nicht zu einhundert Prozent. Es gibt noch einige Dinge, an denen wir arbeiten müssen, um zur Weltspitze aufschließen zu können. Momentan haben wir aber noch ein ganz anderes Problem. Bei einem Trainingssprung in Almaty kachelte Vladimir bei der Landung und hat sich dabei das Knie verletzt. Trotz Behandlung ist es nicht besser geworden, er konnte in der letzten Zeit auch sein athletisches Trainingsprogramm nicht wie geplant durchführen. Ihm steht nun ein Termin bei einem Spezialisten in München bevor, eventuell muss auch eine Kernspintomographie gemacht werden.

 

Die Ergebnisse von Vladimir Zografski »

 

Berkutschi: Aus aktuellem Anlass: Was genau war der Grund für Vladimirs Disqualifikation beim Sommer-Grand-Prix in Hinzenbach?

 

Winterlich: Die letzte Disqualifikation von Vladimir ist eigentlich schon länger her, das war bei der Vierschanzentournee in Innsbruck, als er 300 Gramm zu leicht war. Sicherlich bewegen wir uns in diesem Sport meist an den Grenzen der Vorgaben, weswegen man sorgfältig auf seinen Körper und sein Material achten muss. Was Hinzenbach betrifft, so war Vladimir bereits einige Male hinsichtlich seines Anzugs verwarnt worden. Ich selbst war in Hinzenbach nicht vor Ort, hatte aber erfahren, dass Vladimirs Anzüge das OK unseres Schneiders bekommen hatten. Letztendlich war der Anzug jedoch an der Taille drei Zentimeter sowie im Schritt einen Zentimeter zu groß.

 

Berkutschi: Welchen Stellenwert hat das Skispringen in Bulgarien?

 

Winterlich: Man muss wissen, dass in Bulgarien in den meisten Sportarten nicht mehr viel los ist. Daher schaut momentan alles auf Vladimir und er hat sich in seinem Heimatland bereits zu einer richtigen Berühmtheit entwickelt. Das Interesse an seiner Person ist enorm, da ist es beispielsweise nicht unüblich, dass sich sogar der Präsident persönlich nach ihm erkundigt. Gemeinsam mit seiner Familie zieht Vladimir jetzt aber nach Innsbruck um. Dadurch fallen die vielen Reisekilometer weg und wir sind dort sehr zentral, haben viele Trainingsmöglichkeiten mit Stams, Innsbruck, Seefeld oder Garmisch-Partenkirchen im Umkreis.

 

Berkutschi: Du bist nicht nur als Trainer tätig, sonst warst in den vergangenen Jahren auch auf einem anderen Sektor sehr aktiv…

 

Winterlich: Ein großes Hobby von mir sind die neuartigen Anlaufspuren-Systeme, wie sie beim Pilotprojekt in Klingenthal schon seit einer Weile verwendet werden und nun auch in Oberstdorf auf der Normalschanze oder auch in Sotschi eingebaut werden. Seit der Skiflug-WM in Vikersund 2000, wo es große Probleme mit der Instandhaltung der Anlaufspur gab, beschäftige ich mich mit dieser Thematik. Ich bin sozusagen der Verursacher dieser Entwicklung. Inzwischen hat sich in diesem Bereich ein richtiger Markt entwickelt, was ich als sehr positiv empfinde. Konkurrenz belebt das Geschäft und für das Skispringen ist der technische Fortschritt sehr wichtig.

 

Berkutschi: Im vergangenen Januar gab es deinerseits die eine oder andere Kritik. Haben sich die Arbeitsbedingungen in Bulgarien verbessert?

 

Winterlich: Meine aktuelle Einstellung zur Trainertätigkeit in Bulgarien ist sehr positiv, auch wenn das vor einigen Monaten auch einmal anders klang und es ein paar Unstimmigkeiten wegen des Materials gab. Der Skiverband steht aber voll hinter uns. Mit dem Verlauf des Sommers bin ich auch total zufrieden. Vladimir selbst möchte natürlich am liebsten immer unter die Top 6 springen. Ich selbst bin aber Realist und möchte die Kirche im Dorf lassen. Die vergangenen Resultate waren völlig okay. Im Durschnitt auf den Plätzen 15 bis 20 zu landen und das zu stabilisieren, ist aus meiner Sicht ein großer Erfolg. Es ist nicht hoch genug einzuschätzen, was Vladimir bereits geleistet hat. Daran wollen wir in Zukunft anschließen und weiterarbeiten.

 

Berkutschi: Sprecht ihr im Team über konkrete Saisonziele?

 

Winterlich: Wir wollen zusehen, dass wir gut in den Winter reinkommen, den Weltcupstart in Kuusamo mitnehmen und bis zur Tournee voraussichtlich alles mitmachen. Danach entscheiden wir, wie die Planung für die zweite Saisonhälfte aussehen wird. Tatsächlich ist aber die Skiflug-Weltmeisterschaft in Vikersund unser großes Ziel. Vladimir ist ein guter Flieger, daher wollen wir dort unbedingt unsere Chance nutzen.

 

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