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Ylianttila: "Ziel ist eine Olympiamedaille"

Erstellt am: 09.11.2009 17:18 / os

Die japanischen Skispringer zu trainieren, ist es etwas ganz Besonderes. Der ehemalige Vierschanzentournee-Sieger Kari Ylianttila tut dies schon seit 2005. Im Interview mit Berkutschi.com erzählt der Finne, was anders ist in Fernost, wie er damit umgeht und wieso Noriaki Kasai und Takanobu Okabe noch ein paar Jahre springen werden.

Berkutschi.com: Kari Ylianttila, im abgelaufenen Sommer sind Sie mit den Japanern sehr erfolgreich gewesen. In der FIS-GP-Wertung lagen Sie hinter Norwegen auf Rang zwei, gleich vier Japaner waren unter den Top 15. Erklären Sie uns diesen Leistungssprung.

Kari Ylianttila: Dafür gibt es viele Gründe. Zunächst haben sich unsere Jungs einfach weiter entwickelt. Es ging im Training kontinuierlich bergauf, sie hatten einfach ein hervorragendes Sommertraining. Deshalb ist ihr Level nach oben gegangen, und das sowohl im springerischen Bereich als auch im physischen. Man muss im Sommer aber den Blick immer auf die anderen Nationen richten. Mit wem gehen die an den Start, haben die ihre besten Leute dabei oder nehmen die den Sommer nicht so ernst? Dieser Punkt ist auch wichtig, wenn auch nicht so entscheidend. Natürlich habe ich mich sehr über die Resultate des Sommers gefreut.

 

Berkutschi.com: Lange Zeit sind die Japaner mit einem Team voller Oldies an den Start gegangen. Seit dem Auftauchen von Daiki Ito in der Weltspitze ändert sich dies. Jetzt sind mit Fumihisa Yumoto, Shohei Tochimoto und Taku Takeuchi viele junge Springer mit großem Potenzial dabei. Haben Sie den Fokus auf die Ausbildung genau dieser jungen Athleten gesetzt?

Ylianttila: Ja, wir haben auf genau diese Springer gesetzt, die Sie gerade genannt haben. Und diese Vier sind auch dazu in der Lage, noch besser zu werden. Sie gehören zu dem 'Projekt 2010', das jetzt schon recht erfolgreich ist. Ich denke, in ein oder zwei Jahren werden noch weitere der jungen Athleten nach vorne kommen. Man muss den Jungs auch ein großes Kompliment machen. Sie haben im letzten Jahr ganz hervorragend mitgezogen. Ihre Motivation war permanent sehr hoch. Das ist alles andere als selbstverständlich. Sie sind sehr lange Zeit nicht zu Hause, manche leben sogar in Europa. Wenn ich da an mich denke, ich habe schon nach fünf Tagen Heimweh...

Kari Ylianttila

 

Berkutschi.com: ...ein gutes Stichwort. Ist es für die Springer nicht eine Belastung, so oft weit weg von zu Hause zu sein?

Ylianttila: Ja, es ist schwierig. Vor allem vor dem Saisonstart, also jetzt. Denn die Springer sind jetzt schon nicht mehr zu Hause, bleiben bis Weihnachten in Europa, das sind immerhin acht Wochen. Dann gehen sie für drei oder vier Tage über Weihnachten nach Hause und kommen zur Vierschanzentournee schon wieder zurück. Dann bleiben sie wieder sehr lange in Europa, eigentlich bis auf das Springen in Sapporo, die ganze Zeit. Man muss das aber etwas differenzierter sehen. Die Japaner sind mental anders drauf. Sie haben gelernt, mit dieser Situation umzugehen. Wenn sie in dieses "Programm" kommen, dann wissen sie, was sie erwartet. Die Springer sind sich der Situation bewusst, ihnen ist völlig klar, dass die Reisestrapazen kommen werden.

Die Bronzegewinner von Liberec

 

Berkutschi.com: Japan ist ja nicht ihre erste Station als Trainer. Gibt es Unterschiede zwischen europäischen und japanischen Springern?

Ylianttila: Ja, sehr viele. Auch nach vier Jahren kann ich noch lange nicht alle Verhaltensweisen erklären. Vieles bleibt mir bis heute verborgen. Als Trainer muss man in erster Linie sehr geduldig sein. Wenn man irgendetwas sagt, dann geschieht zunächst einmal überhaupt nichts. Wenn man in Europa etwas sagt und das auch begründen kann, dann versuchen die Athleten das zu befolgen. In Japan ist das anders. Die Springer hinterfragen vielmehr. Vor allem die älteren, die schon mit vielen Trainern zusammengearbeitet haben und ja schließlich auch erfolgreich waren, sind weit skeptischer. Bei den jüngeren Springern ist es etwas einfacher. Aber die Älteren akzeptieren nicht mal einfach so eine Maßgabe. Da muss man als Trainer sehr überzeugend wirken und eben auch die nötige Geduld aufbringen.

 

Berkutschi.com: In Liberec haben Sie mit dem Team eine Medaille erringen können. Dabei hatten Sie mit Noriaki Kasai und Takanobu Okabe zwei Springer in der Mannschaft, die nah an der Vollendung des 40. Lebensjahres sind. Können Sie erklären, wie diese Springer in ihrem Alter noch so eine Leistung zeigen können?

Ylianttila: Der Hauptunterschied liegt in dem Angestelltenverhältnis. Die Springer sind Angestellte ihrer Firma. Wie normale Leute gehen sie ihrer Arbeit nach, und die ist eben das Skispringen. Sie sind also voll bezahlte Athleten, die sich keine Gedanken machen müssen, was sie nach ihrer Karriere machen. Das ist also eine sichere Nummer. Wenn man als europäischer Springer so langsam über 30 ist, dann fragt man sich schon nach dem Danach. Was soll oder was kann ich überhaupt machen? Die Japaner haben da überhaupt keinen Druck, sie erledigen einfach ihre Arbeit. Daraus ziehen sie auch ihre Motivation.

 

Berkutschi.com: Ist es denn ein Problem, der Sprache der Athleten nicht mächtig zu sein? Sehnt man sich da nicht manchmal nach einem Beruf in seinem Land? 

Ylianttila: Nein, es ist nicht wirklich ein Problem. Ich habe am Anfang ein wenig unter der Situation gelitten, aber nach einem guten halben Jahr war ich dann angekommen bei den Japanern. Mein Japanisch ist zwar miserabel, aber die Kommunikation auf Englisch läuft ganz gut. Wir kommunizieren zu 100 Prozent auf Englisch. Das geht auch gut, da vor allem die Jüngeren vier oder fünf Jahre Englisch in der Schule hatten. In Japan ist es allerdings so, dass die Schüler nur Grammatik und Rechtschreibung lernen, nicht aber zu sprechen. Deshalb sind sie sehr schüchtern und trauen sich nicht wirklich auf englisch zu sprechen. Aber man kann mit simplen Worten viel erreichen, denn Skispringen ist im Grunde genommen ein simpler Sport.

 

Berkutschi.com: Was sind Ihre Hauptziele für die kommende Saison? 

Ylianttila: Definitv eine Medaille bei den Olympischen Spielen. Die Farbe ist egal, ob Gold, Silber oder Bronze. Es ist auch egal, ob die Medaille im Einzel oder mit der Mannschaft gewonnen wird. Aber das Ziel muss eine Medaille sein, das ist völlig klar.

 

Berkutschi.com:  Glauben Sie, einer ihrer Oldies, also Kasai oder Okabe, können in Vancouver Edelmetall holen?

Ylianttila: Das ist absolut möglich. Wenn man die Ergebnisse aus dem Sommer heranzieht, dann gibt das durchaus Anlass zur Hoffnung. Okabe ist in besserer Verfassung als in den vergangenen Jahren. Vor allem in technischer Hinsicht war er noch nie so gut. Und Kasai springt auf dem gleichen Level wie seit zehn Jahren. Wenn einer aus dem Stand 64 oder 65 Zentimeter hoch springt, dann ist auch eine Medaille möglich. Es kommt bei den beiden nicht auf die körperliche Verfassung an, sondern am Ende liegt alles im mentalen Bereich. Es ist der Kopf, der entscheidet.

 

Berkutschi.com: Was passiert in Japan, wenn einer der beiden bei Olympia eine Medaille abräumt?

Ylianttila: Ich kann es nicht genau sagen, ich war noch nie in Japan, wenn so ein Ereignis eintritt. Generell hat Olympia in Japan einen extremen Stellenwert. Der Weltcup und die Tournee nicht so, aber Olympia ist eine große Nummer. Wenn man zurück denkt an 1998, Harada und Funaki sind immer noch große Helden. Ich denke, wenn es Olympiagold wird, dann passiert das gleiche wie vor zwölf Jahren. Die Springer werden zu Helden. 

 

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