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Ammann: „Ich freue mich auch auf Bischofshofen“

Erstellt am: 20.08.2015 18:38 / sb

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Simon Ammann (34).

 

Simon Ammann ist der erfolgreichste Schweizer Winterolympionike. 2002 und 2010 gewann er in Salt Lake City und Vancouver je zweimal Einzelgold. Damit ist er auch der erfolgreichste Skispringer bei olympischen Einzelwettbewerben.

 

Berkutschi: Hallo Simon, wie war dein Sommer bislang?
Simon Ammann: Es war sehr intensiv. Es dauert immer ein wenig nach dem Trainingsstart, bis man wieder drin ist. Das Training ist wie in jedem Jahr sehr anstrengend. Es wird nicht einfacher, sondern immer schwieriger. Meine großen Projekte waren das neue Trainerteam und die Landung. Außerdem, die grundsätzliche Form wieder zu finden. Es läuft bislang recht gut, das Meiste jedenfalls. Landen kann ich immer noch nicht (lacht). Aber ich habe den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Man sagt ja, aller guten Dinge sind drei. Da muss ich also noch zwei große Schritte bis zum Winter machen. Die Abstimmung mit den Trainern passt, das Level ist insgesamt ok. Mir fehlen immer ein paar Notenpunkte zu den Top-Ten.
Ansonsten war ich zwei Wochen in Los Angeles bei den Special Olympics. Das liegt mir sehr am Herzen. Das ist ein weiteres Projekt. Es läuft auch abseits der Schanze sehr viel.
Und dann kommt auch immer wieder der Analytiker in mir nach dem Wettkampf durch (lacht).

 

Berkutschi: Du hast auch einige Zeit in England, bei der Pilotenausbildung, verbracht.
Ammann: Das hatte ich schon wieder vergessen (lacht). Ich war direkt nach der Saison dort. Als alle anderen aus Planica nach Hause gereist sind, bin ich nach England geflogen, nach Bristol und habe die obligatorischen Schullektionen absolviert. Im Mai war ich dann noch einmal dort zum zweiten Teil. Eigentlich hätte ich auch Prüfungen absolvieren sollen. Dazu bin ich aber aufgrund der anderen Projekte nicht gekommen. Das Springen bringt sehr viel Aufwand mit sich. Man muss sehr genau überlegen, wann die Grenzen der Belastbarkeit erreicht sind.

 

Berkutschi: Es gab sehr hartnäckige Gerüchte, um dein mögliches Karriereende. Wie ernsthaft waren diese Überlegungen?
Ammann: Das ist nicht ganz richtig. Es hat relativ lange gedauert, bis ich genügend Gründe hatte, um wieder zu einhundert Prozent bei der Sache zu sein. Ich hätte mir auch noch mehr Zeit damit gelassen, es zu kommunizieren. Aber letztlich kam dann der Trainingsstart und ich musste mich äußern.
Ich habe eine große Herausforderung in der Umstellung meiner Landung. Das macht man nicht alle Tage. Bislang war immer der linke Fuß vorn, jetzt ist es der Rechte. Das ist auch eine Lehre aus dem Sturz in Bischofshofen. Da gibt es auch keinen Weg zurück.
Dazu gab es weitere Überlegungen. Was kann man im Sommertraining anders machen, um wirklich weiter zu kommen? Es geht nicht immer nur mit Trockenübungen. Man muss das auch auf die Schanze bringen. Man braucht Bestätigung und Erfolgserlebnisse. Davon hatte ich zwischendurch ein paar. Die ersten haben mich dazu bewogen, weiter zu machen. Darüber bin ich auch froh. Grundsätzlich wollte ich eigentlich schon sehr früh weiter machen. Aber ich war skeptisch, ob es hält, ob ich wirklich Lust habe. Ich wollte abwarten, ob es Regeländerungen durch die FIS gibt, wollte wissen, wer unser neuer Coach wird. Das sind Dinge, die man spüren muss. Es ist in der heutigen Zeit so, dass man immer auf alles sofort eine Antwort will. Aber manche Dinge brauchen etwas mehr Zeit. Es hat sich bislang als richtig herausgestellt. Es gibt Erfolgserlebnisse in einigen Bereichen. Ich bin körperlich besser gestartet als im vergangenen Jahr. Letztes Jahr war ich auf einem sehr niedrigen Niveau. Ich bin dann aber dennoch gut in den Winter gestartet. Insofern lässt sich das diesmal auch bewerkstelligen.

 

Berkutschi: Lass uns kurz über Bischofshofen sprechen. Die Bilder nach deinem Sturz waren recht krass. Hast du dir das auch selbst alles noch einmal angesehen?
Ammann: Muss ich diese Frage beantworten?

 

Berkutschi: Natürlich nicht!
Ammann: Für mich ist es immer wichtig, die Dinge analysieren zu können. Da geht es nicht um die Sensation des Sturzes. Und natürlich auch zu sehen, was passiert ist. Es geht ja darum, den Schritt zurück auf die Schanze zu schaffen und auch daraus zu lernen. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich schon im Winter wieder springen konnte, weil es so gut ausgegangen ist. Daraus kann sich der Leser dann sicher selbst ein Bild machen, ob ich es mir angeschaut habe oder nicht (lacht). Eigentlich ist es ja klar. Was ich sagen kann: Der Sprung war keine gute Werbung (lacht). Ich habe mir sagen lassen, dass der Sturz ein wenig an meiner Aussage gekratzt hätte, dass Skispringen kein gefährlicher Sport wäre. Ich versuche allerdings, an meiner Aussage festzuhalten (lacht). Man muss jetzt hart daran arbeiten.

 

Berkutschi: Du bist Vater. Hat man, wenn es eine Familie gibt, nach einem solchen Sturz auch Gedanken, die über den Sport hinausgehen?
Ammann: Familiär hatte ich immer die Freiheit, selbst zu entscheiden. Es ist im Leben so, dass man machen will, was man gern tut. Und wenn man etwas gefunden hat, das passt, dann sollte man sich sehr gut überlegen, ob man es loslässt. Diese Freiheit ist wichtig für mich. Die hatte ich von Anfang an. Es war auch gut, den Januar zu Hause zu verbringen. Sonst wäre ich im Frühjahr wieder gekommen und überrascht gewesen, dass die Kleine schon so groß ist (lacht).

 

Berkutschi: Macht das Reisen durch die Welt noch Spaß, wenn die Familie zu Hause wartet?
Ammann: Es muss funktionieren. Nicht nur aus dem familiären Grund, sondern auch, weil ich vieles schon gesehen habe. Es wiederholt sich vieles. Einiges verändert sich, vieles bleibt gleich. Deshalb brauche ich Erfolgserlebnisse, um dabei zu bleiben.

 

Berkutschi: Im vergangenen Winter, vor der Tournee, hast du gesagt, dass du dich sehr auf Oberstdorf freust. Dass es ein sehr besonderes Verhältnis ist. Wie sehr hat dieses Verhältnis im vergangenen Jahr gelitten?
Ammann: Eigentlich gar nicht. Ich habe mich einfach nur geärgert. Ich war nicht so gut in Form. Insgesamt war ich nicht so weit von der Spitze entfernt. Aber es haben die nötigen Punkte gefehlt.
Wenn man vom Sturz absieht, der in Oberstdorf noch glimpflich war, hat es mich geärgert, dass ich nicht in einer guten Form angereist bin. Die ersten Sprünge der Saison waren top, ich konnte mir etwas ausrechnen für die Tournee. Aber dann ist es eben anders gekommen.
Aber ich freue mich auch diesmal wieder auf Oberstdorf. Auch auf Bischofshofen.

 

Berkutschi: Möchtest du dann in Bischofshofen etwas wieder gut machen? Eine Rechnung begleichen?
Ammann: Nein. Darum geht es gar nicht. Ich habe schon viele gute Momente bei der Tournee erlebt, fast auf jeder Schanze. Das einzige, was fehlt ist, dass ich noch nie in Österreich gewinnen konnte. Da gibt es nächstes Jahr ja auch noch den Kulm (lacht). Das sind Dinge, die in der Liste der Erfolge noch offen sind. Es ist auch schön, dass etwas noch nicht geschafft ist.

 

Berkutschi: Solche Dinge sind also schon eine Motivation für dich?
Ammann: Ja, ich denke schon. Österreich war immer ein schwieriges Pflaster. Und die Dinge, die bittersüß sind, sind immer die schönsten. Weil du merkst, wie schnell es gehen kann. Es braucht auch ein bisschen Glück. Letztes Jahr zum Beispiel gab es in Innsbruck im ersten Durchgang ein bisschen zu viel Anlauf. Das war Schade. Es ging ziemlich weit und es war schwierig, dort noch schön zu landen. Das spielt auch immer mit. In Bischofshofen sind die Österreicher oft sehr stark. Das haben sie in den letzten Jahren auch gezeigt. Da muss man zum Schluss noch die Energie haben. Das war für mich immer schwierig.

 

Berkutschi: Wie sehr freust du dich darüber, dass du zuletzt des Öfteren nicht mehr der beste Schweizer in der Ergebnisliste warst?
Ammann: Zum Ende der letzten Saison hin hat der Gregor Deschwanden es gut gemacht. Er hat jetzt erst gesagt, dass er schon auch gern früher in der Saison gut springen will. Ich würde es gern übergeben (lacht). Es liegt ja aber nicht nur an Gregor allein. Es wäre schön, wenn die Jungs den Schritt schaffen. Dafür bin ich auch dabei, um das weiter zu unterstützen. Das ist auch meine Aufgabe als Athlet. Um das als Coach vermitteln zu können, braucht man ein paar Lehrjahre.

 

Berkutschi: Ist die Arbeit als Trainer etwas, dass du dir grundsätzlich für die Zukunft vorstellen kannst?
Ammann: Das weiß ich noch nicht. Das kann ich nicht beantworten.

 

Berkutschi: Schauen wir kurz auf die nächste Saison. Du hast gesagt, Österreich ist ein großes Ziel. Heißt das, du konzentrierst dich auf die Vierschanzentournee und die Skiflug-WM?
Ammann: Ja, das stimmt. Genaueres kann ich sicher erst im Winter sagen, beziehungsweise vor der Saison, weil die Landung bis dahin funktionieren muss. Und dann kann ich auch meine Pläne fertig schmieden. Das ist eine sehr wichtige Voraussetzung.

 

Berkutschi: Und werden wir dich im Sommer noch einmal sehen?
Ammann: Ja, in Hakuba. Danach muss ich schauen. Ich brauche auf jeden Fall noch eine stabile Trainingsphase. September und Oktober sind sehr schnell vorbei. Letztes Jahr war ich im Sommer nicht sehr froh und habe mich schleunigst dem Training zugewandt. Jetzt schau ich mal, wie es die nächsten Wochen noch geht.

 

Berkutschi: Dann vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für den Sommer.
Ammann: Danke, das kann ich gebrauchen (lacht).

 

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