Thomas Morgenstern beendet seine Karriere
Nach langem Überlegen ist eine Entscheidung gefallen: Thomas Morgenstern hat am Freitag auf einer Pressekonferenz in Salzburg (AUT) sein Karriereende bekanntgegeben.
"Diese Entscheidung habe ich eigentlich nicht getroffen, sie hat sich ergeben. Es war kein einfacher Schritt, aber ein logischer. Beim letzten Trainingskurs in Innsbruck habe ich definitiv einen Schlussstrich gezogen und meinen Sprung in ein neues Leben gemacht, darauf bin ich sehr stolz. Ich freue mich auf das was kommt, es wird eine coole Zeit werden", so der Österreicher.
"Ich habe mich körperlich vorbereitet, wahrscheinlich mehr als die Jahre zuvor. Mir geht es gut, ich bin gesund und fit, daran ist es nicht gelegen. Es ging um die 10 %, die man am Ende noch braucht um gewinnen zu können oder am Podest zu stehen. Wenn ich etwas mache, dann will ich das in Perfektion beherrschen. Das ist so nicht mehr möglich, wenn du oben an der Schanze sitzt und denkst es könnte die Bindung ausreissen oder was auch immer. Abgesehen davon, dass man auch einen Eigenfehler machen kann. Das sind schwierige Vorraussetzungen um erfolgreich zu sein. Das war der ausschlaggebende Punkt. Ich habe eine sehr schöne, erfolgreiche Karriere mit vielen positiven Momenten hinter mir und ich will, dass diese Momente überwiegen."
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Als einen der schönsten Momente in seiner Karriere bezeichnete Thomas Morgenstern die Olympischen Spiele in Turin. "Nicht nur weil ich dort Olympiasieger geworden bin, sondern auch wegen dem ganzen Drumherum. Eine Woche vorher hat Andi Kofler seinen ersten Weltcupsieg gefeiert, ich bin Zweiter geworden. Wir haben damals gesagt: Bei den Olympischen Spielen drehen wir es um. Es ist dann auch so passiert. Das Erlebnis dort hat unsere Freundschaft gestärkt und es war ein irrsinnig schönes Gefühl. Mein Papa hatte damals Tränen in den Augen, ich nicht, weil ich es noch nicht realisiert hatte. Diese Momente werde ich vermissen."
H. Kuttin: "Ich habe es schon gefühlt"
Für seinen langjährigen Trainer Heinz Kuttin kam die Entscheidung letzte Woche nicht überraschend. "Es ist irgendwie in der Luft gelegen. ich habe eine Woche vorher mit ihm zu Hause trainiert, da hat man schon gemerkt dass es mühselig war und er war sehr nachdenklich. Er wollte dann nach Innsbruck mitfahren und hat dort einen sehr guten letzten Sprung gemacht, mit richtig Druck unter dem Ski, bei dem er aber in der Luft reagiert und abgerudert hat. Am Nachmittag sind wir noch in Stams gesprungen, danach ist er zu mir gekommen und hat gesagt er will mit mir reden. Ich habe es schon gefühlt. Ich glaube es ist der richtige Schritt."
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Ernst Vettori, Sportdirektor im Österreichischen Skiverband, sieht den Entschluss von einem seiner populärsten Athleten ebenfalls positiv. "Es war uns nach dieser sehr schwierigen Saison wichtig, dass er sich alles in Ruhe überlegen kann. Ich bin froh, dass er jetzt aufhören will und darf und nicht muss, auf Grund von gesundheitlichen Problemen oder weil das Leistungsniveau nicht mehr stimmt. Er will aufhören, das sieht man ihm an. Er ist erleichtert und glücklich."
Jetzt steht für Thomas Morgenstern das Privatleben mehr im Vordergrund als während der aktiven Karriere, vor allem seiner Tochter Lilly will er noch mehr Zeit widmen als das bisher möglich war. "Sie war die Erste, die ich informiert habe, sogar noch vor dem Trainingskurs. Ich bin zu Hause neben ihr am Boden gesessen und habe ihr gesagt: Lilly, du wirst mich wahrscheinlich nie bewusst skispringen sehen. Das war irgendwie ein berührender Moment für mich."
Genau Pläne für die berufliche Zukunft hat der 27-jährige bisher noch nicht. "Es gibt viele Möglichkeiten, viele Dinge die ich machen kann. Ich habe noch keine Entscheidung getroffen, weil für mich immer das Skispringen im Vordergrund war und ich keinen Plan B hatte. Ich werde sicherlich das finden, das mir am meisten Spaß macht. Es wird mir sicher nicht langweilig werden. Vielleicht werde ich auch wieder was im Skispringen machen, wir werden sehen."
Eine beeindruckende Karriere
Hinter Thomas Morgenstern liegt eine aussergewöhnliche Karriere. Am 29.12.2002 in Oberstdorf (GER) war er zum ersten Mal im Weltcup am Start, nur kurze Zeit später stand er im Alter von nur 16 Jahren in Liberec zum ersten Mal am Podest. Seither landete Morgenstern 76 Mal am Podest und feierte 23 Siege, den letzten im Dezember 2013 in Titisee-Neustadt. Bei den Olympischen Spielen 2006 in Turin sicherte er sich nur 0.1 Punkte vor seinem Teamkollegen Andreas Kofler die Goldmedaille von der Großschanze, 2011 wurde er in Oslo Weltmeister von der Normalschanze. Insgesamt gewann der Österreicher 15 Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, zwei Mal den Gesamtweltcup und ein Mal die Vierschanzentournee.