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Schanzenrekord? Weltrekord? Bodenberührung? Ja oder nein?

Erstellt am: 30.03.2017 16:20 / sk

Nach den Welt- und Schanzenrekorden bei den beiden abschließenden Skifliegen des vergangenen Winters kam vermehrt die Frage auf: wann zählt ein Sprung als Rekord und wann nicht.

Berkutschi.com hat den Mann gefragt der wissen muss, ob die Flüge von Stefan Kraft in Vikersund (253,5 Meter / Weltrekord) und Kamil Stoch in Planica (251,5 Meter / Schanzenrekord) korrekt gewertet bzw. zurecht als Rekorde eingetragen wurden: Ueli Forrer vom Internationalen Ski Verband FIS ist der Vorsitzende des FIS Sub-Komitees für Offizielle, Regeln und Kontrolle, und damit der „Ober-Sprungrichter“ des Internationalen Ski Verbandes.

 

„den Springer nicht bestrafen, wenn die Jury den Anlauf zu großzügig wählt"

Berkutschi.com: Herr Forrer, wie haben Sie die beiden Rekorde in Vikersund und Planica erlebt?

Ueli Forrer: "Zuerst muss man das Thema Rekorde aus der Historie betrachten. Der Internationale Skiverband führt offiziell keine Rekordlisten. Im Gegenteil: der Verband wollte in früheren Jahren die Rekordjagd unterbinden und verfügte in der IWO (Internationale Ski Wettkampfordnung) 1984, dass Sprünge nur bis zu einer Weite von 191 Metern gemessen werden. Das hatte zur Folge, dass längere Sprünge mit einer Weite von 191 Metern nicht in die Ergebnisliste eingingen. Wann diese (unsinnige) Regel wieder aufgehoben wurde, konnte ich nicht mehr genau feststellen, aber sie hatte nicht allzu lange Bestand.

Es sind die Veranstalter und Zuschauer die gerne wissen möchten bei welcher Marke der Rekord einer Schanze oder eben der Weltrekord liegt. Inoffiziell hat man sich darauf verständigt, dass der Sprung als gestanden gewertet sein muss, damit er als Rekord anerkannt wird. Bis 2001 galt die folgende Definition: Sobald der Springer ohne Bodenberührung eines Körperteils die Sturzgrenze passiert hat, zählt der Sprung als gestanden’. Im umgekehrten Sinn wurden Sprünge, bei welchen ein Körperteil den Boden berührte als gestürzt gewertet und mit zehn Punkten Abzug bestraft.

2002 wurde diese Regel geändert. Grund für diese Änderung war, dass man Springer nicht zu hart bestrafen wollte, wenn die Jury den Anlauf zu grosszügig gewählt hatte oder meteorologische Einflüsse den Springer zwangen (zu) weit zu springen. Seit 2002 gilt, dass ein Springer der stürzt, d.h. er liegt auf dem Boden vor der Sturzgrenze mit sieben Punkten Abzug bestraft wird. Ein Springer der den Boden mit einem Körperteil berührt wird mit vier bis fünf Punkten bestraft. Im Umkehrsinne bedeutet das, dass die Weite als Rekord zählt, wenn die Mehrheit der Sprungrichter weniger als vier Punkte abzieht für die Ausfahrt".

 

„Der Druck auf die Springer war bei der Landung zu groß“

Forrer: "Wenn man die Sprünge von Kraft (in Vikersund und Planica) sowie Stoch in Planica betrachtet, muss man sich aber fragen, ob solche Weiten im Sinne des Sportes sind. Es hat sich eindeutig gezeigt, dass bei allen drei Sprüngen der Druck auf den Springer zu gross war und er nicht in der Lage war diesen einwandfrei zu stehen ohne sich den einwirkenden Kräften zu beugen“.

 

„Solche Vorkommnisse ärgern mich sehr"

Berkutschi.com: Waren die beiden Rekorde von Kraft (Weltrekord in Vikersund) und Stoch (Schanzenrekord in Planica) aus ihrer Sicht korrekt gewertet, also Rekordsprünge?

Ueli Forrer: "Der Weltrekord von Stefan Kraft geht sicher in Ordnung. Er hat es verstanden die enormen Kräfte aufzufangen ohne den Boden zu berühren und hat sich vor der Sturzlinie wieder aufgerichtet. Das haben auch vier von fünf Sprungrichtern so gesehen. Anders verhält es sich bei den Sprüngen von Planica. Stefan Kraft hat sich auch dort retten können ohne Bodenberührung. Kamil Stoch hingegen hat mit seinem Gesäss den Boden eindeutig berührt über eine gewisse Strecke. Das kann man bei den Fernsehbildern deutlich sehen. Seine Berührung hat sogar eine Staubwolke hinterlassen. Alle fünf Sprungrichter haben es verpasst diesem Umstand Rechnung zu tragen und haben die notwendigen Abzüge nicht getätigt, so dass es nach Reglement als Rekord zählt. Solche Vorkommnisse ärgern mich als Sprungrichter sehr. Bei der Ausbildung legen wir grössten Wert auf die Behandlung von solchen "Sonderfällen", aber im entscheidenden Moment scheint es doch nicht immer präsent zu sein". 

 

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