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A. Bauer: „Es wird schwer, Takanashi zu schlagen“

Erstellt am: 27.01.2016 16:27 / sk

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Andreas Bauer, Trainer der deutschen Skisprung-Damen.

Andreas Bauer (52) feierte als Skispringer 1987 beim Neujahrsspringen seinen ersten und einzigen Weltcupsieg. Im Verlauf seiner Trainerkarriere war er unter anderem Assistent des legendären Reinhard Heß sowie Sprungtrainer der deutschen Nordisch Kombinierten. Seit der Saison 2011/12 ist er Nationaltrainer der deutschen Skispringerinnen und führte Carina Vogt zu Olympiagold 2014 sowie zum Weltmeistertitel 2015.

 

Berkutschi: Hallo Andi, am kommenden Wochenende steigt das Heimspiel der deutschen Skispringerinnen in Oberstdorf. Wie groß ist die Vorfreude?

Andreas Bauer: Das Interesse im Vorfeld ist sehr groß, das hat sich über die letzten Jahre immer weiter gesteigert. Im letzten Jahr hat das ZDF live übertragen, in diesem Jahr ist es die ARD. Die Vorfreude ist sehr groß. In Oberstdorf ist auch unser Hauptstützpunkt, die Damen kennen die Schanze. Wir machen dort übers Jahr hunderte Trainingssprünge und kennen die Anlage sehr gut. Deshalb freuen wir uns, dass wir dort einen Weltcup haben.

 

Berkutschi: Es liegen zwei Wochen Japan hinter den Skispringerinnen. Wie fällt deine Bilanz der vier Wettbewerbe in Sapporo und Zao aus?

Bauer: Gemischt. Mit Katharina Althaus und Juliane Seyfarth bin ich sehr zufrieden. Sie haben gute Ergebnisse gebracht und sind im Weltcup besser platziert als je zuvor in ihrer Karriere. Katharina ist momentan auf Platz acht und Juliane auf Platz 12. Bei Carina sind wir nicht ganz zufrieden, aber es ist bei ihr auch etwas unglücklich gelaufen. Im Sommer hatte sie ihre Abschlussprüfungen bei der Bundespolizei. Sie ist jetzt Polizeimeisterin. Für die Prüfungsvorbereitung hat sie allerdings einige Trainingslager auslassen müssen und konnte nicht so viele Sprünge absolvieren. In Lillehammer ging es dann recht holprig los, in Nizhny Tagil konnte sie sich mit Platz sieben und vier deutlich steigern. Dann kam der Sturz in Sapporo. Sie ist bei der Landung verkantet, hat sich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Das war Pech. Glücklicherweise hat uns der kanadische Mannschaftsarzt toll unterstützt, schon bei der Erstversorgung. Dafür nochmal ein herzliches Dankeschön. In Absprache mit ihm hat Carina dann eine Pause von fünf Tagen eingelegt, auf Training, Fernsehen und Computer verzichtet um sich auszukurieren. In Zao war sie dann zunächst noch ein wenig verunsichert. Ihr letzter Sprung in der zweiten Konkurrenz in Zao auf 96 Meter war dann aber wieder ein richtig guter Versuch. Wir werden heute noch einmal in Oberstdorf trainieren, versuchen uns weiter in Form zu bringen. Die Motivation ist groß.

 

Berkutschi: Bei Carina als Olympiasiegerin und Weltmeisterin ist die Aufmerksamkeit gerade bei einem Wettbewerb in Deutschland umso größer. Mit Drucksituationen kam sie aber meist sehr gut zurecht. Platzt in Oberstdorf der Knoten?

Bauer: Wir haben viele tolle Erfolge gefeiert. Momentan läuft es sicher nicht ganz rund. Aber das gehört dazu. Da muss man ruhig bleiben und an seinem Konzept festhalten. Carina kann mit Druck seht gut umgehen. Sie ist nicht hektisch oder nervös.

 

Berkutschi: Lass uns noch einmal zurück nach Japan blicken. Es gab vier tolle Wettbewerbe mit vielen Zuschauern, Liveübertragungen und klasse Organisatoren. Wie wichtig ist Japan für das Damenskispringen?

Bauer: Sehr wichtig. In Zao hat man eigens für die Damen die Schanze umgebaut, entwickelt sich ständig weiter. Beide Orte sind auch stabil im Weltcupkalender vertreten. Das ist sehr wichtig. Für die Zukunft wäre es schön, wenn wir die Lücke im Kalender im Dezember schließen könnten. Ich könnte mir da etwas in Verbindung mit den Kombinierern in Ramsau vorstellen. Diese vier Wochen Pause zwischen Nizhny Tagil und Sapporo sind einfach zu lang.

 

Berkutschi: Sportlich ist momentan Sara Takanashi das Maß aller Dinge, auch wenn es beim letzten Wettkampf in Zao recht knapp war. Kann sie bis zum Saisonende ungeschlagen bleiben oder kommt da noch was?

Bauer: Gute Frage. Es wird sehr schwer sie zu schlagen, denn sie ist in einer überragenden Form. Entscheidend für sie ist aber mehr, wie sie sich in den nächsten Jahren bei den Großereignissen präsentiert. Da hat sie in der Vergangenheit Nerven gezeigt. Im Weltcup hat sie alles gewonnen. Das sind für sie eigentlich keine Herausforderungen mehr. Für sie geht es um Weltmeistertitel und Olympiamedaillen. Carina Vogt hat diese Titel letztlich nicht gewonnen, weil sie so überragend gesprungen ist, sondern weil sie ihre Leistung abrufen konnte. Andere haben Nerven gezeigt.

 

Berkutschi: Im Dezember ist Ulrike Gräßler beim Continentalcup in Notodden schwer gestürzt. Wie geht es ihr inzwischen?

Bauer: Es geht ihr nicht besonders gut. Sie kann nach wie vor nicht laufen. Sie pendelt zwischen Pflegebett und Rollstuhl. Sie hat sich sechs Rippen gebrochen, darf daher nicht auf Krücken laufen. In dieser Woche steht die Kreuzband-OP an. Danach wird sie noch einige Tage liegen müssen und kann dann hoffentlich in den nächsten Wochen die ersten Gehversuche machen.

 

Berkutschi: Welche Verletzungen hatte sie sich genau zugezogen?

Bauer: Es gab bereits eine Schlüsselbein-OP, die Lunge ist zusammen gefallen. Dazu die Rippenbrüche und der Kreuzbandriss. Für uns war es sehr ärgerlich, denn einige Trainer hatten bereits zuvor angemahnt, den Anlauf zu verkürzen. Die Damen hatten eine bis zu sieben Kilometer pro Stunde höhere Anlaufgeschwindkeit als die Herren. Normal sind zwei bis drei Kilometer. Leider hat darauf niemand reagiert. Auch die medizinische Versorgung vor Ort war sehr dürftig. Unser Trainer musste zu Ulrike um die Erstversorgung zu übernehmen. Zwei Minuten später ist Luisa Görlich gesprungen, konnte aufgrund der hohen Weite dem Landedruck nicht standhalten und hat sich das Kreuzband gerissen. Da musste die Co-Trainerin dann auch noch runter. Ein Krankenwagen war nicht vor Ort. Das war eine schwierige Situation für uns. Ich hoffe, dass diese Dinge im Frühjahr aufgearbeitet werden. Eine gute medizinische Versorgung muss auch im Continentalcup oder im FIS-Cup gewährleistet sein.

 

Berkutschi: Gab es mit Ulrike schon Gespräche darüber, ob sie ihre Karriere fortsetzen möchte oder spielt das momentan noch keine Rolle?

Bauer: Nein, das ist zu früh. Sie hat unsere Rückendeckung, wird auf jeden Fall im B-Kader bleiben. Aber ein Kreuzbandriss dauert ein knappes Jahr. Es wird sich bis in die nächste Saison hinein ziehen. Da bleibt noch genügend Zeit, um sich über die Karriere Gedanken zu machen. Ulrike hat natürlich den Wunsch, 2018 zu Olympia zu fahren.

 

Berkutschi: Letzte Frage: Welche Schlagzeile würdest du gern nach dem Weltcup-Wochenende in Oberstdorf lesen?

Bauer: „Die Zuschauer haben begeisternde Wettkämpfe gesehen“.

 

Berkutschi: Dann vielen Dank und alles Gute für die weitere Saison.

 

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