So funktioniert die Videoweitenmessung

Erstellt am: 21.11.2009 19:41 / os

Vor der Saison 2009/2010 hat es teilweise gravierende Neuerungen gegeben. Windfaktor und Gatefaktor kommen bei der FIS Team Tour und dem Nordic Tournament erstmals im Weltcup zum Einsatz. Damit will die Jury die Wettkämpfe fairer gestalten und besser planbar machen. Darüber wurde und wird viel geschrieben. Doch wir wollen vor dem Season-Opening in Kuusamo den Blick einmal genauer auf eine Sache richten, die schon seit Jahren im Weltcup etabliert ist: Die Video-Weitenmessung.

 

Berkutschi.com versucht, in einfachen Worten dieses komplizierte System zu erklären. Bis zu vier Kameras beobachten den Flug der Athleten, eine davon ist dann je nach ersprungener Weite für die Landephase zuständig. Um die Landestelle genau zu ermitteln, wird aus der Bildsequenz das Bild gepickt, das das erstmalige Berühren des Hangs mit beiden Skiern zeigt. Der Landezeitpunkt ist also der Moment, in dem erstmals beide Skier auf den Boden aufschlagen. Dies gilt für eine 'normale' Landung. Im Falle einer einbeinigen Landung gilt der Moment, in dem der vordere Ski mit voller Fläche aufsetzt. Bei Ausfallstellung (Telemark) gilt die Mitte zwischen den beiden Füßen als Landestelle.

 

Mehr als doppelt so viele Bilder wie beim Fernsehen

50 Bilder pro Sekunde schießt die hoch auflösende und genau kalibrierte Kamera. Die im Landebild bestimmte Weite wird immer auf den nächsten ganzen bzw. halben Meter abgerundet. Aufgrund der hohen Landegeschwindigkeit der Springer darf die Sequenz nicht kleiner sein als 50 Bilder pro Sekunde. Zum Vergleich: Ein Fernsehbild hat nur 24 Bilder pro Sekunde.

 

Wegen der Springen unter Flutlicht müssen die Kameras auch für Kunstlicht ausgerichtet sein. Die Kameras können nicht den gesamten Hang einfangen, deshalb gibt es einen Korridor, in dem die Videomessung stattfindet. Darunter und darüber kommt nach wie vor die manuelle Weitenmessung zum Einsatz. Wenn die Video-Messung erkennt, dass die untere Grenzweite nicht erreicht wurde, meldet sie: "NO VIDEO. Als gültige Sprungweite zählt dann die gemeldete manuelle Weite. Genauso verhält es sich, wenn der Springer oberhalb des Korridors, der für jede Schanze eigens gesetzt wird, landet.

 

Manchmal landen Springer jenseits der Videoweitenmessung

Viele Skispringer erinnern sich noch an den unglaublichen Flug von Roar Ljoekelsoey am 27. Februar 2004 auf der Heini-Klopfer-Flugschanze in Oberstdorf. Der Norweger landete jenseits der Videoweitenmessung. Es hieß, er sei 223 Meter weit geflogen. Doch so richtig glauben wollte das niemand. Das war doch noch weiter, dachten die meisten. Da aber die 223 Meter ohnehin Schanzenrekord waren und Ljoekelsoey den Wettbewerb auch gewann, verzichteten die Norweger auf einen Protest. Die norwegische Zeitung 'VG' konnte es aber nicht lassen und stellte anhand der Videoaufzeichungen des Sprungs Berechnungen an. Das Ergebnis der Untersuchung: Ljoekelsoey war - zumindest nach Meinung der 'VG' - noch weiter geflogen, vielleicht sogar 227 Meter. Für Georg Späth, der damals Vierter wurde, ist die Berechnung der 'VG' plausibel. "Ich saß damals im Lift und Roar kam an mir vorbeigeflogen. Er war so unglaublich hoch, ich dachte, der landet gar nicht mehr," sagte er damals.

 

Auch Janne Ahonen überflog bei seinem Rekordflug auf der Willinger Mühlenkopfschanze auf 152 Meter die Videoweitenmessung. Auch hier gab es keinen Protest, Ahonen siegte und alle wussten, er hat den Sieg verdient.

 

Bilder werden lange gespeichert

Landet der Springer innerhalb der Videoweitenmessung, kann die Jury auf dem Computer das Landebild der Video-Weitenmessung anklicken zeigt dann automatisch den Zahlenwert für die gerundete Sprungweite an. Das System wird permanent kontrolliert. Dies ist eine der unmittelbaren Aufgaben der Jury. Als speziellen Kontrolleur beauftragt sie ein Jury-Mitglied oder den Assistenten des Renndirektors (RD-Assistent). Der Kontrolleur hat dafür Sorge zu tragen, dass eine optimale Zusammenarbeit zwischen manueller und Video-Weitenmessung, dem Datenservice und dem Rechenbüro gewährleistet ist.

 

Es besteht auch die Möglichkeit, gegen eine Weitenbestimmung Protest einzulegen. Ist der Protest formell korrekt eingereicht, wird die Sprungweite der betreffenden Startnummer in Gegenwart der gesamten Jury noch einmal ermittelt. Die aufgenommenen Bilder des Landevorganges werden elektronisch gespeichert und mindestens über den Zeitraum der laufenden Saison für eine sofortige oder spätere Kontrolle archiviert.