Küttel: "Werde Meinungen einfangen"
Die möglichen neuen Regeln, die der Internationale Skiverband (FIS) in diesem Sommer bei den Spezialspringern und den Nordischen Kombinierern testet, haben die Skispringerszene aufgewühlt. Im Kern geht es darum, die jeweiligen Windbedingungen, mit denen der Athlet konfrontiert wird, per Rechenformel sozusagen zu eliminieren um damit größtmögliche Fairness zu schaffen. Außerdem soll den Trainern erlaubt werden, freiwillig von einem niedrigeren Gate loszufahren. Dafür erhalten sie dann eigens berechnete Bonuspunkte.
Viele Athleten reagierten zunächst skeptisch, andere meinten, es sei richtig, das nun wenigstens zu testen. Berkutschi.com wollte von Athletensprecher Andreas Küttel wissen, ob sich die Wogen nach den ersten vier Stationen des FIS-GP bei den Aktiven geglättet haben.
Die Argumente in Ruhe sammeln
"Einen 'common sense' gibt es noch nicht. Ich werde in Zakopane weiterhin Meinungen einfangen. Bei den Springen wurden ja verschiedene Modi ausprobiert, da muss man sich mit auseinander setzen und sich die Argumente mal in Ruhe anhören", sagte Küttel im Gespräch mit Berkutschi.com. Im Anschluss an den FIS-GP werde er die Einzelmeinungen sammeln und im Herbst der FIS zum konstruktiven Gespräch vorlegen.
"Wenn man sich die Ranglisten in Ruhe anschaut, dann sieht man natürlich die Veränderung. Aber die Springer merken auch, dass die neuen Ideen dem Zuschauer noch nicht nahe genug gebracht wurden", so der Weltmeister von der Großschanze. Im Stadion herrsche noch Verwirrung, wenn einer weit springe, aber nicht ganz vorne lande. "Da gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten."
Berechnung des Windes lässt zu Wünschen übrig
Kritisch sieht Küttel vor allem die Berechnung des Windes. "Bei der Messung des Windes ist fraglich, wie verifizierbar das alles ist. Es gibt fünf Windmesspunkte. Wir fragen uns, ob das nicht zu wenig ist, um genauen Aufschluss über den Wind zu erhalten", sagte Küttel zu Berkutschi.com. "Wir brauchen mehr Messungen, um näher an der Realität zu sein."
Besonders ärgerlich ist nach Küttels Darstellungen der Seitenwind. "Je nach dem wird der Seitenwind sogar positiv dargestellt, wenn er ganz leicht von vorne kommt. Dabei ist Seitenwind hinderlich für den Athleten." Dies seien alles Sachen, über die man reden müsse.
Darf es im Skispringen überhaupt Taktik geben?
Generell ist der Schweizer aber nicht unglücklich über die möglichen Neuerungen. "Es sind eher Kleinigkeiten. Man sieht schon, dass die Leistung in den Vordergrund gerückt wird. Man muss gut springen, der Blick auf die Windfahne ist nicht mehr so wichtig", sagte er. Auch wenn der 30-jährige Routinier dem ganzen am liebsten mehr Zeit einräumen möchte, als es den Funktionären lieb sein kann. "Man ist halt noch nicht so weit. Es wird eine Saison dauern, bis man auf allen Schanzen die Erfahrungswerte gesammelt hat."
Im Hinblick auf die taktischen Möglichkeiten, die die möglichen neuen Regeln mit sich bringen, zeigte sich der Athletensprecher nachdenklich. "Das muss sich erst einspielen. Man wird sehen, ob und wem das was bringt. Die Frage ist auch, ob das überhaupt sein darf, dass Skispringen taktisch wird", meinte er. Dass Handlungsbedarf bestand, ist ihm aber durchaus bewusst: "Bei zu vielen Wettkämpfen wurde nur noch über den Wind gesprochen. Es war an der Zeit, etwas zu unternehmen. Jetzt kann man den Wind zwar quantifizieren, aber das ist noch nicht final ausgereift."