Gregor Schlierenzauer: Ich bin auch nur ein Mensch und keine Maschine
Er war der absolute Überflieger des vergangenen Winters: Die große Kristallkugel für den Gesamtweltcup, die kleine Kristallkugel für den Sieg im Skiflug-Weltcup, 3 WM-Medaillen in Predazzo, Triumph bei der Vierschanzentournee und 10 Weltcup-Erfolge – inzwischen stehen 50 auf dem Konto des Tirolers, das ist einsame Spitze. Gregor Schlierenzauer spricht mit berkutschi.com über die Saison 2012/13
FISskijumping: Die Saison war lang und anstrengend, es gab sehr viele wichtige Wettkämpfe.
Gregor Schlierenzauer: Nicht unbedingt, die Saison war gut. Wenn man die Saison anschaut, ist immer sehr viel los. Wir haben jedes Jahr eine WM – egal, ob Skiflug oder eine normale WM und Vierschanzen Tournee ist auch jedes Jahr und Gesamtweltcup ist auch jedes Jahr, also von dem her ist immer Stress da, aber wenn man natürlich gut ist, dann hat man mehr Stress, aber das ist sehr positiv.
FISskijumping: Fühltest du dich erleichtert in Kuopio, als du schon nach diesem Wettkampf den Gesamtweltcup gewonnen hattest?
Schlierenzauer: Nicht unbedingt in Kuopio, also es war ja schon davor auch immer sehr, sehr gut und von dem her war eigentlich die ganze Saison sehr gut. Natürlich war der Gesamtweltcup schon ein sehr großes Ziel, und es ist natürlich sehr schön wenn es schon vier Springen vor dem Schluss erledigt ist.
FISskijumping: Du hast Matti Nykänen in Kuopio getroffen, worüber habt ihr gesprochen?
Schlierenzauer: Ich habe ihn getroffen, ja, und er hat mir gratuliert, er hat gemeint, dass ich jetzt die Nummer 1 bin, dann habe ich gesagt,“Na ja, du bist nicht auch schlecht.“ Es war sehr nett.
FISskijumping: In Harrachov hast du die Siege Nummer 47 und 48 erzielt. Es war nicht einfach in Tschechien – es war windig, man musste sehr lange auf die Wettbewerbe warten. Wie hat sich das angefühlt.
Schlierenzauer: Harrachov war natürlich sehr speziell, zweimal Fliegen an einem Tag war sehr anstrengend. Natürlich wenn man zweimal gewinnt ist das unglaublich, und dann war es auch der magische Punkt: 47 Siege ... es war schon ein unglaublicher Tag für mich und auch für die Skisprunggeschichte. Das habe ich natürlich sehr genossen.
FISskijumping: Und wie ist es, jeden Tag zu erwachen und denken, „Ja...ich habe im Leben was Großes geschafft“ – denkst du daran?
Schlierenzauer: Es ist natürlich immer wieder eine tolle Motivation, aber ich bin jetzt nicht der Typ, der jetzt groß Nummer 1 hinaufschreibt, sondern ich freue mich auch über jeden Erfolg, aber es gibt Wichtigeres im Leben.
FISskijumping: Die junge Skispringerin Sara Takanashi hat nach der Junioren WM in Liberec gesagt, dass es wesentlich schwieriger ist, einen Titel zu verteidigen, als ihn zum ersten Mal zu gewinnen. Siehst Du das auch so?
Schlierenzauer: Es ist immer leichter nach oben zu kommen, als oben zu bleiben und wenn man über Jahre ganz oben erfolgreich an der Weltspitze ist, dann ist es sehr viel Arbeit und es ist sicherlich schwieriger als wenn man in einer Saison mal ganz vorne dabei ist.
FISskijumping: Du hast eine sehr gute WM gehabt, drei Medaillen geholt, aber in den Zeitungen war zu lesen, dass es für Dich trotzdem nicht so gut gelaufen ist, wie erwartet. Was meinst du darüber und wie zufrieden warst du mit diesem Ergebnis?
Schlierenzauer: In Österreich ist natürlich der Erfolgsdruck schon da, speziell wenn man heuer die Saison der Österreicher anschaut, dann war da eigentlich nur ich. Und vor der WM habe ich alles gewonnen, mit Harrachov, mit der Vierschanzentournee, und dann wollte natürlich jeder, dass ich zweimal Gold hole...oder viermal, ja. Aber ich habe von Haus aus gesagt, das ist nicht so einfach, wie ihr alle meint. Für mich ist das Ziel eine Einzelmedaille zu machen und bei großen Ereignissen und Weltmeisterschaften muss man erstmal eine Medaille machen, und von dem her war die WM naturlich für mich auch sehr erfolgreich. Die Großschanze war nicht ganz so perfekt aber ich bin auch nur ein Mensch und keine Maschine und von dem her war das schon auch eine sehr gute WM.
FISskijumping: Liest du manchmal diese Zeitungen und die Meinungen, die dort über dich auftauchen?
Schlierenzauer: Ich versuche sehr wenig Medien und Zeitungen zu lesen während einer Weltmeisterschaft oder während der Vierschanzentournee, weil ich einfach weiß, dass das in der Zeitung nicht immer so drinnen steht wie es wirklich ist.
FISskijumping: Ist es für dich schwierig, die Motivation zu finden, wo du schon so vieles erreicht hast?
Schlierenzauer: Eigentlich nicht, die größte Motivation ist immer mein Perfektionismus, auf der Suche nach dem perfekten Sprung, und das treibt mich an. Bevor ich nicht meine Sprünge wirklich perfekt habe, sowie ich es mir vorstelle, habe ich Motivation genug. Also wenn ich jetzt schon alles gewonnen hätte und die Sprünge wären so gut, dass ich sage, okay, ich habe keine Reserven mehr, es ist alles perfekt, dann hätte ich ein Problem, aber so habe ich schon noch Luft nach oben.
FISskijumping: Du warst ein großer Kritiker der neuen Regeln. Denkst du, dass die kommende Saison auch etwas neues bringen wird?
Schlierenzauer: Ich denke schon, ich glaube es ist wichtig, die Sportart immer weiter zu entwickeln, das war ja in den letzten Jahren immer der Fall, dass sie immer versuchten wieder was zu bringen und auch Fortschritte zu machen, aber man muss natürlich auch aufpassen, dass die Sportart nicht zu kompliziert wird. Weil beim Skispringen für den Zuschauer geht es immer noch um Weite um Meter, und wer am weitesten springt, sollte gewinnen. Und jetzt auch mit der Gate-Regel das wird dann alles zu kompliziert und das finde ich nicht so gut. Man muss ein sehr guter Mathematiker sein, um das alles gut zu verstehen.
FISskijumping: Und was denkst Du von den neuen Anzügen? War es schwieriger, beispielsweise beim Finale in Planica mit den engeren Anzügen zu springen?
Schlierenzauer: Mittlerweile geht es schon sehr gut, bis zum Ende der Saison hat man sich super darauf eingestellt. Am Anfang war es natürlich immer schwierig, jeder hat Erfahrungen gebraucht, aber ich glaube das ist jetzt ein guter Schritt für Chancengleichheit, für Fairness, und ich finde diese Regelungen sehr gut.
FISskijumping: Wie sind deine Pläne nach dem Ende der Saison? Hast du viele Termine mit Journalisten, oder nur noch Sommerferien?
Schlierenzauer: Ich habe schon ein paar Termine zu machen im Sommer, aber natürlich auch entspannen und Urlaub einmal, Energie tanken und dann starten schon die Vorbereitungen für Sochi 2014, das ist dann ein ganz großes Ziel und die Saison fängt dann eigentlich eher immer schnell wieder an.
Nicht verpassen:
Demnächst gibt es hier auf Berkutschi die Chance eines von zwei handsignierten Gelben Trikots von Gregor Schlierenzauer zu gewinnen.