01 | Paschke, P. | 317.1 | ||
02 | Tschofenig, D. | 309.2 | ||
03 | Ortner, M. | 307.1 | ||
04 | Kraft, S. | 306.0 | ||
05 | Hoerl, J. | 300.9 | ||
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In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Anders Jacobsen (30).
Anders Jacobsen feierte sein Weltcupdebüt im November 2006. Einen Monat später konnte er in Engelberg seinen ersten Weltcupsieg bejubeln und gewann schließlich als Newcomer sensationell die Vierschanzentournee. Bei den Weltmeisterschaften 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 konnte er jeweils mindestens eine Medaille gewinnen. Nach dem Höhepunkt, dem Sieg mit der Mannschaft bei den Titelkämpfen in Falun, erklärte der Norweger im April dieses Jahres seinen Rücktritt.
Berkutschi: Hallo Anders, wie verbringst du deine Zeit heute als ehemaliger Skispringer?
Anders Jacobsen: Ich arbeite hauptsächlich für das norwegische Fernsehen. Ansonsten versuche ich ein normales Leben zu führen und normale Arbeit zu finden (lacht). Ich habe keinen Druck und genieße das. Ich versuche herauszufinden, was ich in Zukunft gern machen möchte.
Berkutschi: Also vermisst du deine aktive Zeit überhaupt nicht?
Jacobsen: Natürlich vermisse ich das Adrenalin. Ich vermisse die Mannschaft. Ich bin mit all meinen ehemaligen Teamkollegen eng befreundet. Das tägliche Training, die Reisen und die Flughäfen vermisse ich nicht.
Berkutschi: Es ist sicher auch angenehm, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.
Jacobsen. Natürlich, das genieße ich sehr. Ich fahre gerade mit meinem Sohn nach Vikersund. Wir möchten dem Team bei den Vorbereitungen für die Vierschanzentournee zuschauen.
Berkutschi: Lass uns ein wenig über die Tournee sprechen. Es ist jetzt fast neun Jahre her, seit du die Tournee selbst gewonnen hast. Wie sehr hat dieser Erfolg dein Leben verändert?
Jacobsen: Es war ein Märchen für mich. Ich bin erst in dieser Saison zum Team gestoßen, habe einen Monat vor der Tournee meinen ersten Weltcup absolviert und bin auf Anhieb Dritter geworden.
In Engelberg habe ich mich mit Gregor Schlierenzauer duelliert, bin Erster und Zweiter geworden. Und dann kam die Tournee. Es war alles ganz leicht für mich. Ich war jung, habe mir keine Gedanken gemacht und bin einfach gesprungen. Es hat einfach Spaß gemacht. Es hat mein Leben verändert. Ich bin über Nacht von einem ganz normalen Jungen zum Prominenten in Norwegen geworden.
Berkutschi: Hat dir diese Entwicklung gefallen? Oder hättest du gern darauf verzichtet?
Jacobsen: Jede Medaille hat zwei Seiten. Es gab gute Sachen. Die Menschen haben mich plötzlich erkannt. Vieles ist leichter, wenn man prominent ist. Gleichzeitig steht man im Blickfeld der Öffentlichkeit. Man muss aufpassen, was man sagt und tut, denn man möchte auch ein Vorbild sein. Es war eine interessante Erfahrung und ich würde alles wieder genauso machen.
Berkutschi: Im Jahr nach deinem Sieg war Janne Ahonen der bis heute letzte Nicht-Österreicher, der die Tournee gewinnen konnte. Denkst du, dass die Austria-Adler ihre Serie fortsetzen können?
Jacobsen: Sie haben gerade angefangen, wieder sehr stark zu springen. Vor allem Hayböck. Auch bei Stefan Kraft geht es in die richtige Richtung. Man weiß auch nie, was Gregor macht. Er hat in Lillehammer trainiert und er kann sehr stark zurückkommen.
Es gibt aber natürlich auch die Norweger. Wir haben viele sehr gute Springer. Man muss abwarten, ob wir den einen dabei haben, der wirklich die Tournee gewinnen kann. Peter Prevc ist in der Form seines Lebens. Die Deutschen haben seit einigen Jahren große Probleme bei der Tournee. Vor Freitags Sieg im letzten Jahr in Innsbruck gab es ewig lange keinen deutschen Tagessieg. Ich bin auf Severin Freund gespannt. Er ist am Sonntag in Engelberg wieder stärker gesprungen aber hatte Probleme bei der Landung. Aber man muss ihn auf der Rechnung haben. Genauso wie Noriaki Kasai. Er springt konstant in die Top-Ten. Damit kann man in der Gesamtwertung eine sehr gute Rolle spielen. Es ist schwer vorher zu sagen. Es gibt mindestens zehn Springer, die es packen könnten.
Berkutschi: Ist Simon Ammann für dich ein Kandidat?
Jacobsen: Vielleicht. Seine Landungen sahen in Engelberg etwas besser aus, wenn auch lange nicht perfekt. Ich habe mich in Lillehammer mit ihm unterhalten. Er hat nach seinem Sturz in Bischofshofen im letzten Jahr noch ein Kopfproblem mit der Landung. Aber man darf davon ausgehen, dass er bei einem der wichtigsten Events der Saison seine Topleistung zeigen wird. Er war zweimal Tournee-Zweiter. Ich würde ihm den Sieg wirklich gönnen. Aber es könnte sein, dass der Abstand nach ganz vorn noch etwas zu groß ist. Aber wir haben schon viele Überraschungen zwischen Oberstdorf und Bischofshofen erlebt.
Berkutschi: Die Norweger zeigen bislang eine herausragende Saison mit einer unglaublichen Fülle an Spitzenspringern. Hast du damit gerechnet?
Jacobsen: Nein, das habe ich ehrlich nicht. Es ist eine sehr junge Mannschaft. Ohne Anders Bardal und mich sind kaum noch erfahrene Athleten übrig geblieben. Die Leistungen sind deshalb umso bemerkenswerter. Ich weiß, wie hart sie gearbeitet haben und es ist ein sehr verdienter Lohn. Aber auch sehr überraschend. Wegen mir darf es gern so weiter gehen. Die Jungs treiben sich gegenseitig an. Ich hoffe, dass es dabei bleibt, denn Norwegen ist eine sehr coole Nation an der Spitze und die Jungs sehen auch im Fernsehen gut aus (lacht).
Berkutschi: Was bislang nicht so gut aussah, waren die Disqualifikationen der Norweger. Wie wird das in Norwegen wahrgenommen?
Jacobsen: Es gibt hier viele Diskussionen darüber und man wundert sich, wie das passieren kann. Die Norweger versuchen genauso wie alle anderen Nationen auch das Material auszureizen. Es gibt neue Kontrollen auf die man sich vielleicht nicht richtig eingestellt hat. Ich denke, sie müssen diesen Teil wirklich trainieren und sorgsamer messen. Sie arbeiten in allen Bereichen extrem gut, aber sie müssen beim Material konsequenter werden. Es sieht nicht gut aus, wenn so viele Athleten aus einer Nation disqualifiziert werden. Ich weiß, dass niemand versucht, bewusst zu betrügen. Ich denke, sie sind einfach ein bisschen zu faul, vernünftig zu messen (lacht).
Berkutschi: Jetzt musst du Farbe bekennen: Wer gewinnt die Tournee?
Jacobsen: Stand heute sage ich Peter Prevc.
Berkutschi: Und welcher der norwegischen Springer kann ihn am ehesten gefährden?
Jacobsen: Kenneth Gangnes.
Berkutschi: Letzte Frage: Gibt es eine norwegische Weihnachtstradition, von der der Rest der Welt erfahren sollte?
Jacobsen: Puh, schwer zu sagen. Wir feiern ja alle das gleiche Fest, egal ob in Deutschland oder Norwegen. Wir essen traditionell Schweine Leber. Auch Schaf kommt auf den Tisch. Es dreht sich alles ums Essen und die Familie. Ich denke, das ist ähnlich, wie überall anders auch.
Berkutschi: Wir wünschen dir frohe Weihnachten und beste Erfolge fürs norwegische Team.