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Stöckl: „Mein Skisprungherz ist sehr glücklich“

Erstellt am: 08.12.2015 18:54 / sb

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Alexander Stöckl (41), norwegischer Skisprung-Nationaltrainer.

Der Österreicher Alexander „Alex“ Stöckl ist seit 2011 Trainer der norwegischen Skispringer. Er führte Anders Bardal zum Gesamtweltcupsieg 2011/12 und ließ in diesem Jahr WM-Gold für Rune Velta und die norwegische Mannschaft folgen. Im Kampf um den Nationencup musste sich sein Team nur knapp den deutschen Skispringern geschlagen geben. Mit Berkutschi sprach Alex Stöckl über den starken Saisonstart seiner Athleten.



Berkutschi: Hallo Alex, wie glücklich ist das norwegische Skisprungherz im österreichischen Trainer über das Wochenende in Lillehammer?
Alex Stöckl: Mein Skisprungherz ist sehr glücklich (lacht). Vor allem über die Resultate am Wochenende. Der Sonntag hat nochmal alles getoppt mit dem Sieg von Kenneth Gangnes. Wenn man seine Geschichte mit der Knieverletzung und all dem Auf und Ab in seiner Karriere kennt, ist das eine Genugtuung für den Trainer und das Team, dass er seinen Weg zurück gefunden hat.



Berkutschi: Ihr kommt nach drei Einzelwettbewerben bereits auf fünf Podestplätze. Hast du in irgendeiner Weise mit einem solch erfolgreichen Start gerechnet?
Stöckl: Nein, damit kann man nicht rechnen. Normalerweise ist es eher schwierig, wenn man zuhause springt. Das ist nicht wie beim Fußball (lacht). Die Athleten haben mehr Druck und mehr Stress. Umso bemerkenswerter ist es, dass wir solch ein erfolgreiches Wochenende hinlegen konnten.



Berkutschi: Es standen bereits vier unterschiedliche Norweger auf dem Podium. Wie wichtig ist diese Breite im Kader?
Stöckl: Das war ein Ziel unserer Arbeit. Über langfristige Arbeit mehr Athleten dahin zu bringen, dass sie ihr Potenzial ausschöpfen. Wie es momentan aussieht, haben wir das geschafft. Wir haben mehrere Springer, die in der Lage sind auf das Podium zu springen. Das ist immer eine gute Voraussetzung, gerade für Wettbewerbe wie die Vierschanzentournee oder die Skiflug-WM.



Berkutschi: Zwei deiner Athleten haben bislang noch keine große Rolle gespielt, obwohl die meisten sie wohl am ehesten auf dem Zettel hatten: Rune Velta und Anders Fannemel. Wann werden die beiden wieder ihre Bestform erreichen können?
Stöckl: Ich hoffe bald (lacht). Erfolge, die man erzielen konnte, führen zu mehr Druck. Die Erwartungen aus dem Umfeld und an sich selbst werden größer. Das ist vielleicht das Problem der beiden. Rune Velta hatte eine fantastische Saison, gerade der Erfolg bei der WM hat ihn sehr bewegt. Da wird man plötzlich von einem Niemand zum Superstar in Norwegen. Das ist nicht so einfach. Die Medienlandschaft hier kann auch ziemlich aggressiv sein und erwartet, dass er weiter so gut springt. Er hat im Sommer dann nicht sehr gut angefangen, genau wie im Winter. Er hat sich aus eigenen Stücken zu einer Wettkampfpause entschieden, um zu trainieren. Das finde ich sehr klug. Bis zur Tournee wird er hoffentlich wieder in Form sein.
Bei Anders Fannemel ist es ähnlich. Wobei er schon in den letzten Jahren nie wirklich konstant war. Wir haben im Sommer geglaubt, dass er das inzwischen im Griff hat. Jetzt mussten wir feststellen, dass doch nicht alles passt. Daran arbeitet er. Anders ist hochmotiviert. Nizhny Tagil kommt ihm vielleicht auch entgegen, dort hat er sehr gute Erfahrungen gemacht, die Schanze liegt ihm.



Berkutschi: Spielt bei Fannemel auch der sehr unglückliche Start mit seiner Disqualifikation beim Mannschaftswettbewerb in Klingenthal eine Rolle?
Stöckl: Natürlich, das bewegt etwas in einem Athleten. Vor allem, wenn man mit so einem dummen Fehler die ganze Mannschaft aus dem Rennen schmeißt. Da kommt Unsicherheit auf, mit der er zusätzlich kämpft.



Berkutschi: Die Disqualifikationen dürften momentan überhaupt bei euch das einzige Thema sein, dass die Stimmung etwas trübt. Welche Erklärung hast du für insgesamt sechs Disqualifikationen von norwegischen Athleten in dieser Saison?
Stöckl: In zwei Sätzen lässt sich das leider nicht erklären. In Lillehammer hat es speziell die nationale Gruppe betroffen. Da waren die Athleten und Trainer einfach schlecht darauf vorbereitet, wie die neue Prozedur am Anlauf von Statten geht. Wir haben das intern zu wenig kommuniziert. Ich verstehe, dass es dann den Gedanken gibt, dass die Norweger das Material bis zum Letzten ausreizen wollen. Aber das war hier nicht der Fall. Es kann ja nicht unser Ziel sein, dass die halbe Mannschaft aus dem Wettbewerb fliegt. Es war auch eine schwierige Situation für mich auf dem Trainerturm. Das hat mir ziemlich wehgetan.



Berkutschi: Diese Disqualifikationen haben euch auch schon einige Punkte gekostet…
Stöckl: Ja, zwischen 150 und 300 zum Auftakt in Klingenthal und in Lillehammer sicher auch noch ein paar. Das tut uns schon weh.



Berkutschi: Vor allem wenn man an die knappe Entscheidung im Nationencup in der letzten Saison denkt…
Stöckl: Genau. Was das angeht, war es ein schlechter Start. Wir versuchen alles, das in den Griff zu bekommen. Es wurden einige Gespräche geführt. Das wirft ein schlechtes Licht auf uns als Mannschaft und auch national mit Blick auf den Nachwuchs nicht gut ist.



Berkutschi: Sprechen wir wieder über die angenehmeren Dinge. Es gibt nur zwei Wettkampfwochenenden bis zur Tournee. Gibt es einen Athleten in deinem Team, dem du zutraust, bei der Tournee konstant genug zu springen um in der Gesamtwertung eine Rolle zu spielen?
Stöckl: Ich werde mich hüten, jetzt einen Namen zu nennen. Ich weiß genau, was das dann bewirkt. Derjenige würde das wahrscheinlich auch lesen. Ich bin einfach froh, dass wir mehrere Athleten haben, die vorn mitspringen können. Ich hoffe, dass sie diese Form bis zur Tournee halten können. Wir gehen zumindest mit Breite in die Tournee. Das war immer eine Stärke der Österreicher. Sie sind mit einigen Kandidaten in die Tournee hineingegangen, während es in den anderen Teams vielleicht jeweils einen Mitfavoriten gab. Man weiß ja, wie anstrengend so eine Tournee ist. Da kann dieser eine Athlet auch einfach wegbrechen. Wir sind mit unserer Breite in einer guten Ausgangsposition.



Berkutschi: Die Österreicher haben die Tournee in den letzten Jahren dominiert, sind aber nicht sehr gut in die Saison gestartet. Werden sie noch rechtzeitig in Form kommen?
Stöckl: Absolut. Sie haben noch nicht ganz und gar in die Saison hineingefunden. Aber dort wird sehr gut gearbeitet und sie werden bis zur Tournee wieder heiße Kandidaten haben.



Berkutschi: Gibt es für dich einen Tourneefavoriten?
Stöckl: Dafür gab es bislang zu wenig Wettbewerbe. Ein Wochenende ist komplett ausgefallen. In Lillehammer hatten wir zwei Wettkämpfe auf Normalschanzen. Das ist auch nicht wirklich repräsentativ. Ich kann nicht sagen, wer vorn mitspringen kann. Einer der Stabilsten ist sicher Severin Freund. Er ist bislang sehr konstant gesprungen und sicher einer der Favoriten.



Berkutschi: Welche Wünsche hast du, zum Beispiel in Bezug auf das Wetter, an den Rest der Saison?
Stöckl: Es wäre schön, wenn wir wieder dahin kämen, dass ein paar wenige Wettkämpfe schwierig sind. Der Großteil aber normal. Ich hoffe, dass wir die Schwierigen jetzt aufgebraucht haben und jetzt etwas rosigeren Zeiten entgegen schauen.

 

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