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"Materialänderungen kommen zu einem Ende"

Erstellt am: 17.11.2014 10:07 / sb

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Walter Hofer, seit 1992 FIS Renndirektor Skispringen.

Berkutschi: Hallo Walter, wo erreichen wir Dich gerade?
Walter Hofer: Ich bin auf Inspektionsreise, gestern am Kulm in Bad Mitterndorf und heute in Planica.

Berkutschi: Und wie ist der Stand der Dinge an beiden Flugschanzen?
Hofer: Es sind beide Schanzen in Rekonstruktion, wobei der Kulm noch drei Wochen braucht für Installationen, dann sind sie fertig. Der sportliche Teil, also das Profil und der Anlauf, sind bereits abgeschlossen. In Planica brauchen wir noch vier Wochen für den Vorbau. Das muss noch mit Material aufgefüllt werden. Also sie brauchen noch vier Wochen gutes Wetter. Danach geht es dann nur noch um die Installationen, das sollte auch im Zeitplan sein. Ich bin also optimistisch, dass alles rechtzeitig fertig wird.

Berkutschi: Es beginnt in diesem Winter ein neuer Olympiazyklus. Welche sind aus deiner Sicht die wichtigsten Aufgaben der kommenden vier Jahre für das Skispringen?
Hofer: Ich glaube, dass wir jetzt wieder in einer Konsolidierungsphase sind. Es scheint sich abzuzeichnen, dass jetzt erstmal die ganzen Materialänderungen zu einem Ende kommen. Es ist so, dass alle Schanzenanlagen umgebaut worden. Die Skiflugschanzen mit Harrachov und Vikersund sind ja schon fertig, jetzt geht es noch um den Kulm und Planica. Dann sind die großen Skiflugschanzen bis auf Oberstdorf auch renoviert. Das heißt, wir konzentrieren uns in den nächsten Jahren auf den Feinschliff des Produktes und die Ausweitung unserer Veranstalter Richtung Osten. Wir gehen in diesem Jahr zum ersten Mal nach Nizhny Tagil, nächstes Jahr nach Almaty. Ich war letzte Woche in China, dort gibt es ein unglaubliches Interesse an unserer Sportart. Und dieses Potenzial versuchen wir jetzt auszunutzen.

Berkutschi: Du hast angesprochen, dass sich die Regel- und Materialänderungen einem Ende nähern. Gibt es zur neuen Saison noch interessante Neuerungen?
Hofer: Wir haben in den letzten 10 Jahren immer einen Schritt in Richtung Athletik gemacht, weg von der Aerodynamik. Mit dem letztjährigen Schritt war es ein halber zu viel. Den haben wir nun zurück genommen. Es war der Punkt, an der Athlet sich nicht mehr so ganz wohl gefühlt hat in seinem Anzug. Da haben wir jetzt wieder ein bisschen mehr Spielraum gelassen und das hat sich im Sommer als sehr positiv herausgestellt. Da scheinen wir an einem Optimum angekommen zu sein.

Berkutschi: Worauf freust du dich besonders in der neuen Saison?
Hofer: Nachdem ich schon bei einigen Veranstaltern vor Ort war, spüre ich eine große Motivation und viel Elan, aus diesen Wettkämpfen wirklich einen Event zu machen. Wir haben auch einige Orte dabei, in denen wir versuchen, den Athleten näher zum Publikum zu bringen, um die emotionale Komponente zu verbessern. Also all unsere Aktivitäten zielen im Moment darauf ab, die Atmosphäre im Stadion zu verbessern.

Berkutschi: Du gehst in dein 23. Jahr als FIS Renndirektor, im Februar wirst du 60 Jahre alt. Gibt es da auch den Gedanken daran, dass es langsam genug ist mit dem um die Welt reisen?
Hofer: Diese Aufgabe, die ich machen darf, sehe ich ja nicht als Arbeit. Als Arbeit wäre sie nicht zu schaffen. Es ist ein gewaltiges Hobby und ich komme überhaupt nicht zum Nachdenken über die Perspektive. Wir stecken permanent in einem Dreierrad. Das erste Rad ist der Weltcup, das Tagesgeschäft. Die zweite Ebene sind die Weltmeisterschaften alle zwei Jahr. Und dann gibt es noch die olympischen Spiele, wo wir für die anderthalb Stunden Wettkampf sieben Jahre Vorbereitungszeit benötigen. Es ist ein permanentes justieren, organisieren und planen. Und trotzdem bist du am Ende von einer gewissen Improvisation abhängig. Das hält einen so auf Trapp, dass man gar nicht in der Lage ist, perspektivisch zu denken. Wenn ich jetzt aus Planica heimfahre, habe ich schon wieder so viele Ideen, gemeinsam mit meinen Kollegen, dass wir gar nicht zum Nachdenken kommen. Ich hoffe, die schmeißen uns irgendwann mal gemeinsam raus (lacht).

Berkutschi: Was ist aus deiner Sicht die größte Entwicklung im Skispringen in den vergangenen 23 Jahren?
Hofer: Wir haben gerade eine Popularität erreicht, die einer Randsportart wie dem Skispringen eigentlich gar nicht zusteht. Denn wir haben eigentlich nicht das Geschirr, um Events auf diesem Niveau zu gestalten. Wir haben per Definition keine Industrie hinter uns, keinen Massensport. Das macht es für uns schwieriger. Dadurch gibt es auch keine Phase, in der wir uns zurück lehnen könnten. Somit haben wir auch zum Beispiel die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre nicht wirklich miterlebt, weil wir permanent in einer ökonomischen Krise sind. Wir leben ausschließlich von dem, was wir mit den Athleten, den Trainern und Veranstaltern generieren. Es ist nichts da, das von Haus aus die Basis bildet. Das ist die besondere Herausforderung. Dass wir uns trotzdem im Wettkampf mit vielen anderen Disziplinen im Wintersport positioniert haben, ist für alle Beteiligten eine tolle Errungenschaft.

Berkutschi: Es gab zuletzt viele Diskussionen um olympische Winterspiele. Oslo und München haben zum Beispiel ihre Bewerbungen zurückgezogen. Diese Veranstaltungen scheinen sich immer mehr nach Osten zu verlagern. Wie stehst du dazu? Würdest du gern noch einmal olympische Winterspiele in westlichen Regionen erleben oder bist du dankbar für jeden Veranstalter?
Hofer: Wir sind überall als Gäste, egal ob das in Vancouver, Sochi, Turin oder Salt Lake City ist. Das sind Ausnahmewettkämpfe, bei denen wir mit unserer Sportart herzlich willkommen sind. Wir haben die Möglichkeit, uns auch vor Ort Rahmenbedingungen zu schaffen. Aber natürlich ist der Ort selbst eingebettet in lokales Kolorit, das wir nicht bestimmen können. Aber es ist doch gewaltig, dass wir mit unserer Sportart nicht nur in den 12 Ländern, in die wir zu Weltcups reisen, zu Gast sind, sondern auch dort, wo man es eben auch als internationalen Wettkampf bezeichnen kann.

Berkutschi: Welche drei Wünsche hast du für die neue Saison?

Hofer: Zuerst einmal weniger Wünsche (lacht). Dann natürlich eine unfallfreie Saison für unsere Athleten und wenn wir es uns aussuchen können, an allen Orten gute Bedingungen damit wir unsere Wettkämpfe gut durchführen können. Ansonsten erledigen das unsere Veranstalter und Athleten. Wir selbst sind nur privilegierte Zaungäste.

Berkutschi: Vielen Dank für das Gespräch und auf eine tolle Saison 2014/15!

 

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