Wir verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Nutzererlebnis zu bieten und Social Media einzubinden. Privacy Policy

Berkutschi Premium Partners

Wellinger: „Es wird Zeit, dass es los geht“

Erstellt am: 18.11.2015 16:55 / sb

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Andreas Wellinger (20).

Andreas Wellinger feierte sein Weltcupdebüt bereits im Alter von 17 Jahren, mit 18 sprang er gemeinsam mit Severin Freund, Marinus Kraus und Andreas Wank in Sochi zu olympischem Mannschaftsgold. Kurz zuvor feierte der Bayer in Wisla seinen ersten und bislang einzigen Weltcupsieg. 2013 konnte er nach drei Tagessiegen außerdem den Gesamtsieg im FIS Grand Prix erringen.
Nach einem verheißungsvollen Saisonstart im vergangenen Winter mit Platz drei in Klingenthal, stürzte Wellinger in Kuusamo und zog sich schwere Prellungen zu. Bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Almaty konnte er dennoch sowohl im Einzel als auch mit der Mannschaft Silber gewinnen.

Andreas Wellinger

 


Berkutschi: Andreas, wie ist dein Sommer gelaufen? Wie zufrieden bist du mit der Saisonvorbereitung?
Andreas Wellinger: Ich bin sehr zufrieden. Wir haben alles wie geplant absolvieren können. Wir hatten fast immer sehr gute Bedingungen. Auch bei den letzten Sprüngen in Oberstdorf. Jetzt freuen wir uns darauf, dass es endlich losgeht.



Berkutschi: Inwiefern hast du die letzte Saison mit dem Sturz in Kuusamo abgehakt? Spielt diese Erfahrung noch eine Rolle?
Wellinger: Nein, das ist vorbei. Natürlich war es nicht ganz einfach. Es ging zum Glück nach nur zwei Monaten Sprungpause wieder auf die Schanze. Ich konnte auch sowohl die Weltmeisterschaften als auch die Junioren-WM springen. Von daher war das Thema da schon abgehakt. Es folgten auch noch recht gute Ergebnisse. Jetzt im Sommer konnte ich mich nach meinem Abitur noch besser auf den Sport konzentrieren.



Berkutschi: Welchen Unterschied macht es für dich, dass du dich jetzt voll auf den Sport konzentrieren kannst, ganz ohne Schule?
Wellinger: Das ist ein großer Unterschied und deutlich angenehmer, denn der Stress durch die Doppelbelastung fällt weg. Ich muss mein Schulzeug nicht mehr mitnehmen (lacht). Es ist ganz einfach weniger Belastung für den Kopf und ich bin dankbar, dass ich meinen Sport jetzt im Zoll Ski Team unter so professionellen Voraussetzungen betreiben kann.



Berkutschi: War es manchmal trotzdem gut, durch die Schule eine gewisse Ablenkung vom Sport zu haben? Hast du dir schon eine Alternative dazu gesucht?
Wellinger: Das stimmt, hin und wieder hat das ganz gut getan. Soviel Ablenkung braucht es aber gar nicht. Wenn wir unterwegs sind, haben wir eine tolle Stimmung in der Mannschaft, spielen gern Karten oder schauen gemeinsam einen Film. Langweilig wird es also sicher nicht. Natürlich gibt es auch die Überlegung, ein Studium zu beginnen. Wie und was weiß ich aber noch nicht genau. Es ist eine Idee für das nächste Jahr.



Berkutschi: Hast du schon eine ungefähre Vorstellung, was du studieren könntest? Wirtschaft oder Sport?
Wellinger: Eines von diesen beiden wird es sicher werden. Als Fernstudium. Das Leben geht auch nach dem Sport noch weiter, dafür möchte ich gern während meiner aktiven Karriere den Grundstein legen.



Berkutschi: Es sind nur noch wenige Tage bis zur Qualifikation in Klingenthal. Wie läuft diese Zeit für dich ab? Geht es nochmal auf die Schanze oder ist es jetzt recht ruhig?
Wellinger: Wir haben vergangene Woche die letzten Sprünge gemacht. Jetzt lassen wir es etwas ruhiger angehen, tun noch ein bisschen was für Kraft und Fitness. Und versuchen natürlich den Fokus auf den Winter zu richten. Auch wenn die Temperaturen aktuell noch nicht so winterlich aussehen.



Berkutschi: Du dürftest recht positive Erinnerungen an Klingenthal haben, hast dort schon einen Grand Prix gewonnen und warst im letzten Winter zum Auftakt auf dem Podium. Wie groß ist die Vorfreude, wieder dorthin zurück zu kommen?
Wellinger: Sehr groß! Wir haben lange und viel trainiert und freuen uns, dass wir uns jetzt wieder im internationalen Wettkampf messen können. Dabei ist die heimische Kulisse immer etwas Besonderes. Es ist ein Privileg, dass wir in Klingenthal starten können. Die Anreise ist kurz, wir haben sehr viele Fans im Rücken. Es wird Zeit, dass es los geht (lacht).



Berkutschi: Von der Qualifikation in Klingenthal bis zum Finale in Planica sind es genau 121 Tage. In dieser Zeit gibt es 38 Wettbewerbe. Wie groß ist die Belastung für dich als Sportler?
Wellinger: Es ist eine sehr lange und intensive Saison mit vielen Reisen, die an den Kräften zehren. Es ist wichtig, dass man mit seinen Kräften gut Haus hält. Und auf den Punkt konzentriert ist. Danach auch wieder abschaltet um gut regenerieren zu können. Gerade in den stressigen Phasen. Es wird für jeden Einzelnen eine Herausforderung. Wir werden sehen, wer das am besten meistern kann.



Berkutschi: Hast du dir ein konkretes Ziel für die Saison gesteckt?
Wellinger: Ein Ziel im Sinne einer konkreten Platzierung habe ich nicht. Ich möchte die Saison konstant durchspringen. In den letzten Jahren hatte ich immer gewisse Einbrüche, die Leistung ist irgendwann abgefallen. Diesmal möchte ich den ganzen Winter bis zum letzten Wettkampf konstant durch springen. Wo ich dann am Ende stehe, werden wir sehen. Es gehen in jedem Wettkampf 50 Springer an den Start die gewinnen wollen. Es muss viel zusammen passen, damit man ganz oben stehen kann. Ich bin überzeugt davon, dass wir Deutschen sehr oft um den Sieg mitkämpfen können.



Berkutschi: Im vergangenen Jahr gab es mit dem Nationencup einen Riesenerfolg für die Mannschaft. Ist die Titelverteidigung ein Thema?
Wellinger: Wir haben beim letzten Lehrgang kurz darüber gesprochen. Ich bin überzeugt davon, dass wir das wieder schaffen können. Wir haben sehr gut trainiert, jeder wird hoffentlich seine Leistung bringen. Es sind wahrscheinlich die üblichen Nationen, die ums diesen Titel kämpfen. Wir sind mit dabei. Aber es gibt viele Faktoren, die über eine lange Saison zusammen spielen müssen.



Berkutschi: Ihr habt mit Severin Freund den derzeit wohl weltbesten Skispringer in der Mannschaft. Wie sehr motiviert es den Rest des Teams, dass man den ständigen Vergleich mit ihm hat?
Wellinger: Das motiviert ungemein. Dieser Vergleich ist sehr wichtig. Man hat eine Orientierung, wo man steht. Bei der Skiflug-WM haben wir durch seinen Titel vor zwei Jahren auch einen Startplatz mehr. Das ist eine tolle Situation. Das ist ein Privileg, dass er für das ganze Team erarbeitet hat und das möchten wir nutzen.



Berkutschi: Bei der Vierschanzentournee konnten die Österreicher in den letzten Jahren eine tolle Serie hinlegen. Wie zuversichtlich bist du, dass es in der näheren Zukunft wieder einen deutschen Tourneesieg gibt?
Wellinger: Ich bin davon überzeugt, dass das früher oder später wieder klappt. Man kann aber darauf hintrainieren, wie man will, es gibt trotzdem keine Garantie für den Erfolg. Im Endeffekt werden mit dem ersten Sprung die Karten neu gemischt. Es sind 10 bis 15 Athleten, die um den Gesamtsieg kämpfen können. Es warten schwierige Aufgaben, über acht Sprünge muss alles passen. Wann genau es soweit ist, werden wir sehen. Denn: Die Tournee kannst du mit einem guten Sprung nicht gewinnen, aber mit einem schlechten verlieren. Wir werden unser Bestes geben.

Andreas Wellinger

 

Berkutschi: Gibt es einen Wettbewerb oder eine Schanze auf die du dich im nächsten Winter besonders freust?
Wellinger: Ich freue mich extrem auf die Skiflug-WM. Ich durfte vor zwei Jahren in Harrachov schon dabei sein, habe aber bis jetzt noch nicht die überdimensionalen Flüge erleben dürfen. Ich glaube aber, dass ich meinen Sprungstil weiter entwickeln konnte und ich etwas mehr zum Flieger geworden bin. Wir wollen natürlich als Team eine starke Leistung bringen. Severin möchte seinen Titel sicher auch gern verteidigen. Es wird eine spannende Zeit. Vor allem, weil es von Tournee über Willingen zur WM eine lange Serie wird, wo man möglichst lange auf hohem Niveau springen muss.



Berkutschi: Letzte Frage: Gibt es eine Schlagzeile, die du irgendwann gern über dich lesen würdest?
Wellinger: Puh, gute Frage (lacht). „Wellinger ist bester Skispringer der Welt“ würde ich natürlich gern lesen. Ganz so einfach ist das aber nicht (lacht). Die Konkurrenz ist sehr dicht und auf extrem hohen Niveau. Ich werde es versuchen, ganz nach oben zu kommen. In Klingenthal haben wir einen ersten Vergleich und werden sehen, wo die Weltspitze steht. Dann werden wir sehen, wo wir und ich rum fliegen (lacht).



Berkutschi: Danke für das Interview und viel Erfolg für den kommenden Winter.

 

Neueste Nachrichten