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„Wir hätten es beide verdient gehabt“

Erstellt am: 24.03.2015 13:51 / sb

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Severin Freund, Weltmeister und Gesamtweltcupsieger.

Berkutschi: Severin, herzlichen Glückwunsch zum Gesamtweltcupsieg. Hast du dich schon von diesem dramatischen Finale erholt?
Severin Freund: Es braucht sicher noch ein wenig, bis das richtig gesackt ist. Aber es ist schon sehr schön, dass es so geklappt.


Berkutschi: Das Finale in Planica war an Spannung nicht zu überbieten. Wie hast du diese zehn Minuten erlebt, zwischen deinem letzten Sprung und der Gewissheit, dass du es geschafft hast?
Freund: Das ganze Wochenende in Planica war nicht meines. In den letzten Wochen in Skandinavien ist es mir extrem leicht gefallen. Ich habe eigentlich immer im Training einen Sprung, bei dem ich merke, wie die Schanze funktioniert. Das hat in Planica gefehlt. Deswegen ging es in jedem Wettkampf nur darum, irgendwie das Maximum heraus zu holen. Mit dem ersten Wettkampf war ich eigentlich auch noch ganz zufrieden. Am Sonntag war das Ziel, nochmal ins Fliegen zu kommen, was nicht wirklich geklappt hat. Nach dem zweiten Sprung war es für mich eigentlich vorbei, denn ich war mir sehr sicher, dass Peter das nach Hause bringt. Außerdem hätte ich den siebten Platz halten müssen und da war auch erstmal noch einer dazwischen. Deshalb war ich erstmal enttäuscht und ein wenig genervt, dass ich an dem Wochenende nicht zu Recht gekommen bin. Umso schöner war es dann natürlich, als es doch noch geklappt hat.


Berkutschi: Gab es danach einen Moment, in dem du mit Peter Prevc mitgefühlt hast? Er hat gleich viele Punkte geholt und steht mit leeren Händen da.
Freund: Auf jeden Fall. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich mit den Punktabständen nicht großartig beschäftigt hatte. Ich hab dann mitbekommen, dass ich Siebter werden muss und er Zweiter. Aber ich habe nicht gewusst, dass es dann Punktgleichheit ist. Ich muss ehrlich sagen, nachdem das jetzt einmal vorgekommen ist, sollte man sich überlegen, diese Regel zu kippen und zwei Gesamtsieger zu küren. Wir sind beide eine extrem gute Saison gesprungen und hätten es beide verdient. Auch wenn ich letztlich deutlich mehr Siege hatte als er, war er über das ganze Jahr unheimlich stabil.


Berkutschi: Du hattest in einem Interview gesagt, dass deines Wissens keine größeren Feierlichkeiten geplant wären. Hat dann doch noch etwas stattgefunden?
Freund: Wir sind noch Essen gegangen. Aber es ist nicht großartiges mehr passiert. Meine Freundin musste Montag wieder arbeiten. Wir hatten dann noch unsere Abschlussbesprechung.


Berkutschi: Man hatte in Planica den Eindruck, dass die gesamte Mannschaft unheimlich gekämpft hat und am Ende auf dem Zahnfleisch über die Ziellinie gerobbt ist. Inwiefern war es am Ende eine reine Willensleistung?
Freund: Das stimmt genau. Es hat sich gezeigt, dass man in jedem Wettkampf, alles was möglich ist raus holen muss. Bei mir persönlich ist seit dem Kulm wie von allein gelaufen. Jede solche Serie ist irgendwann passiert. Dass das gerade am letzten Wochenende passiert, ist natürlich schade. Aber deshalb war es umso wichtiger, sich im Wettkampf zusammen zu reißen und das Beste raus zu holen. Peter ist verdammt gut geflogen und es wäre ohnehin schwierig gewesen, da ran zu kommen. Dieses letzte dramatische Wochenende bleibt natürlich im Gedächtnis. Aber das gute am Gesamtweltcup ist, dass sich Glück und Pech über die Saison ausgleichen und am Ende ein Ergebnis steht.


Berkutschi: Werner Schuster hatte immer wieder betont, dass sein großes Ziel der Nationencup ist. Wie wichtig ist dieser Titel für euch Athleten?
Freund: Sehr wichtig. Ich hatte schon öfter gesagt, dass ich das mit dem Team irgendwann einmal packen möchte. Es gab viele Jahre, in denen wir nicht so gut da standen und wir Kritik einstecken mussten, weil wir nicht die erhofften Resultate gebracht haben. Deshalb ist es sehr schön, dass wir das jetzt gepackt haben. Wir haben uns als Team immer weiter verbessert. Das kommt durch den Nationencup zur Geltung. Ich habe auch letztes Jahr nach dem Team-Gold bei Olympia gesagt, dass in dem Team noch mehr drin steckt. Dazu kommt, dass in dieser Saison für uns auch als Mannschaft bei Weitem nicht alles geklappt hat. Ich hatte große Erfolge, aber andere mussten sehr kämpfen. Mit Andreas Wellinger haben wir gleich zu Beginn einen Springer verloren, der lange aussetzen musste. Insofern ist es eine große Gemeinschaftsleistung.


Berkutschi: Du hast vom Gesamtweltcup immer als deinem großen Karriereziel gesprochen. Jetzt hast du dieses Ziel erreicht. Wenn man Noriaki Kasai als Beispiel nimmt, hast du noch 15, 16 gute Jahre vor dir. Was ist jetzt das Ziel?
Freund: (lacht). Das Ziel so lange zu springen wie Nori habe ich nicht. Mir gehen die Ziele nicht aus. Es gibt genügend Dinge an meinem Sprung, die man noch verbessern kann. Man springt jedes Jahr ein bisschen anders, es sind immer Dinge dabei, die sehr gut oder weniger gut funktionieren. Da möchte ich mich weiter entwickeln. Die wichtigen Wettkämpfe sind in diesem Jahr sehr gut aufgegangen. Die Tournee wird immer ein Ziel sein. Außerdem ist es mir bisher gelungen, von Jahr zu Jahr mehr Weltcuppunkte zu sammeln. Das wird zwar immer schwieriger, aber das dachte ich letztes Jahr auch schon (lacht).


Berkutschi: Nach diesen sehr intensiven Wochen, mit Weltmeistertitel und Gesamtweltcup, was tust du jetzt, um abzuschalten und zu entspannen?
Freund: Ich werde jetzt noch eine Woche weiter trainieren und habe noch einige Termine. Dann ist Urlaub angesagt. Am Anfang werde ich noch etwas Athletik machen, aber dann auch zwei Wochen völlig abschalten und dem Körper die Zeit zum Regenerieren geben. Und dem Kopf die Zeit geben, mal vom Skispringen weg zu kommen. Motivation habe ich genügend. Aber man braucht auch mal ein wenig Abstand, um dann mit Vollgas in die neue Saison zu gehen.


Berkutschi: Wohin zieht es dich im Urlaub nach einem halben Jahr Winter?
Freund: Ja, wir wollen nach Thailand und Myanmar. Es wird sicher gut tun, mal wieder ein bisschen Sonne zu sehen.


Berkutschi: Dann wünschen wir dir gute Erholung und einen schönen Sommer!

 

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