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„Das geht ans Herz“

Erstellt am: 12.01.2015 18:18 / sb

In der Interviewreihe „Berkutschi-Talk“ präsentieren wir Gespräche mit Aktiven und Offiziellen rund ums Skispringen. Heute: Stefan Kraft, Gewinner der 63. Vierschanzentournee.

Berkutschi: Hallo Stefan. Hast du deinen großartigen Erfolg schon verdaut?
Stefan Kraft: Es ist jetzt relativ schnell gegangen, es war noch nicht viel Zeit zum Abschalten und Realisieren. Aber ich genieße es auf jeden Fall. Ich weiß, dass etwas Großes passiert ist. Ich versuche, in der Zeit die ich habe, das so gut es geht zu genießen und wahrzunehmen.

Berkutschi: Wird es denn in nächster Zeit für dich die Gelegenheit für eine Pause geben? Fliegst du zum Weltcup nach Japan oder kannst du dich da dann mal etwas zurück lehnen?
Kraft: Die Wettbewerbe in Polen mache ich jetzt sicher noch mit. Japan steht noch ein bisschen in den Sternen. Da steht es 50:50. Das werde ich spontan entscheiden. Aber eigentlich möchte ich schon das volle Programm fahren.

Berkutschi: Was war für dich der schönste Moment seit dem Tourneesieg? Was wird dir ganz besonders in Erinnerung bleiben?
Kraft: Wenn man das erste Mal nach Hause, nach Bischofshofen kommt, war die Anspannung schon recht groß. Es waren viele Freunde da, die Familie. Da dann den ganzen Sack zu zumachen, das war sehr emotional und schön. Als ich dann die ganze Familie das erste Mal getroffen habe danach und jeder hatte Tränen in den Augen, das geht schon ans Herz.

Berkutschi: Michael Hayböck hatte es zum Schluss noch einmal richtig spannend gemacht. Wie nervös warst du vor dem letzten Sprung in Bischofshofen?
Kraft: Ja, der Michi war wirklich in einer unglaublichen Form, ist an beiden Tagen geflogen wie kein anderer. Das hat mich natürlich ein wenig nervös gemacht. Ich habe zwar gewusst, dass ich ganz gut springe, war bei jedem Sprung Zweiter oder Dritter. Aber er hat schon Druck gemacht. Vor dem Finalsprung war ich schon sehr nervös. Ich habe versucht, so cool wie möglich zu bleiben und mich zu konzentrieren. Aber es ist ja Gott sei Dank gut ausgegangen.

Berkutschi: Es sind vor der Tournee sehr viele Namen gehandelt worden, wenn es um die Favoriten ging. Deiner war nicht dabei. War das am Ende vielleicht sogar ein Vorteil?
Kraft: Es ist sicherlich ein kleiner Vorteil, wenn man sich die Pressekonferenzen zuvor spart. Aber ich hab genau gewusst, dass ich die Springen zuvor immer unter den Top-Ten war, zweimal auf dem Stockerl. Ich habe gewusst, wenn alles zusammen passt, kann das eine schöne Tournee werden. Aber für ganz oben war sicherlich nicht mit mir zu rechnen.

Berkutschi: Aber für dich selbst hast du dich mit dem Tourneesieg beschäftigt?

Kraft: Ich habe erstmal nur auf Oberstdorf geschaut, versucht dort perfekt vorbereitet zu sein. Ich war top fit, hatte meine sieben Sachen zusammen und bin dann locker und selbstbewusst gestartet. Und dann ist es, wie man es im Skispringen oft sieht, einfach gelaufen. Da kann man dann machen was man will.

Berkutschi: Deine Geschichte erinnert ein wenig an Thomas Diethart im vergangenen Jahr. Mit ihm hatte auch keiner gerechnet und plötzlich war er Tourneesieger. Konnte er dir zwischendurch ein paar Tipps geben?

Kraft: Aus der Mannschaft war es Gregor, der immer wieder mal zu mir gekommen ist. Er hat mir gesagt, dass ich ruhig weiter machen soll, dass ich es drauf habe. Auch Andreas Kofler hatte schon mal die Tournee gewonnen, der Trainer hat sehr viel Erfahrung. Da hat das ganze Team geholfen. Thomas Diethart war sicher ein Vorbild. Aber Bei ihm ging es alles noch etwas schneller. Er hatte gerade erst seinen ersten Weltcup gesprungen. Ich hatte auch zuvor schon eine sehr gute Saison. Aber es gibt natürlich Ähnlichkeiten.

Berkutschi: In Deutschland wartet man inzwischen seit 13 Jahren auf einen Tourneesieg. Es gab auch in diesem Jahr wieder hoffnungsvolle Athleten. Dann kommen die Österreicher, mit Gregor Schlierenzauer ohne Topform, Andi Kofler ohne Topform, Thomas Morgenstern gerade zurück getreten. Und am Ende machen es Stefan Kraft und Michael Hayböck unter sich aus. Wie macht ihr das?

Kraft: (lacht) Für die Deutschen ist es glaube ich immer etwas schwierig, den Druck auszuhalten. Sie fangen ja auch immer mit einem Heimspringen an. Sie waren in sehr guter Form aber sind verständlicherweise nervös gewesen. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe. Wir haben schon im Sommer sehr gut trainiert, hatten das Gefühl, dass wir alles erledigt haben und jetzt Spaß haben können. Wir haben es genossen, dass wir das gemeinsam erleben können. Und durch den sehr guten Start ging der Rest fast von allein.

Berkutschi: Im letzten Jahr kam nach der Tournee ein längeres Formtief der Österreicher. Warum passiert das in diesem Jahr nicht?
Kraft: Ich denke, wir sind sehr viel enger zusammen gewachsen und wissen genau, was wir zu tun haben. Gerade Michi und ich sind in einer ganz anderen Form als im vergangenen Jahr. Ich glaube, dass wir jetzt als Team sehr gut funktionieren und auch die anderen Springer wieder in den Top-Ten dabei sein werden. Und im Team-Springen jetzt in Zakopane haben wir auch noch einiges wieder gut zu machen von Klingenthal (lacht).

Berkutschi: Apropos Teamwettbewerb: Es steht auch noch eine Weltmeisterschaft an. Gibt es da konkrete Ziele oder lässt du es einfach auf dich zukommen?
Kraft: Das große Ziel ist wieder, perfekt vorbereitet dorthin zu kommen. Ich werde schauen, welcher Weg für mich der Beste ist. Ich möchte das Gefühl haben, dass ich wieder vorn mitmischen kann. Und was dann dabei herauskommt, hängt vom Glück und der Tagesform ab. Aber es wäre natürlich schön, in welchem Wettbewerb auch immer eine Medaille mit nach Hause zu nehmen.

Berkutschi: Wie wichtig ist für die Österreicher, nachdem es in Sochi nicht geklappt hat mit Gold, der Teamwettbewerb bei der WM?
Kraft: Der Teamwettbewerb ist immer das größte Highlight der Saison. Ich mag das sehr gern, das ist immer extrem spannend. Es gibt sehr starke Konkurrenz mit Deutschland, Polen, Norwegen und Slowenen. Die sind alle auf Augenhöhe. Aber wir haben einiges gut zu machen und versuchen, vier extrem starke Leute am Start zu haben.

Berkutschi: Dann noch eine kurze Frage: Welche Schlagzeile würdest du gern am Ende der Saison über dich lesen?
Kraft: (überlegt) Puh, das ist schwierig. „Michael Hayböck und Stefan Kraft kämpften bis zum Schluss ums gelbe Trikot.“ Das wär natürlich ein Oberhighlight. Wir scherzen immer und haben gesagt, wir versuchen jetzt im Gleichschritt das gelbe Trikot zu verteidigen so lange es geht. Und wenn am Ende ich Tourneesieger bin und Michi Hayböck Gesamtweltcupsieger ist, bin ich sehr glücklich und freue mich für ihn.

 

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