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G. Colin: "Ich möchte gewinnen. Nur einmal!"

Erstellt am: 09.08.2014 10:22 / sk

Frankreichs neuer Cheftrainer Gérard Colin erzählt im Rahmen des FIS Sommer Grand Prixs in Einsiedeln von französischen Nachwuchsproblemen und einem großen Traum.

Als der Slowene Matjaz Zupan seinen Position als französischer Cheftrainer nach der letzten Saison beendete, öffneten sich die Türen für den Franzosen Gérard Colin. Eingefleischten Fans ist sein Name schon lange ein Begriff, denn der Franzose ist definitiv kein neues Gesicht im Skisprungzirkus.

 

In Oberstdorf, beim Auftakt der Vierschanzentournee 1979/80, hatte der in La Bresse geborene Colin sein Athleten-Debut im damals neu eingeführten Skisprung-Weltcup. Im Laufe seiner Karriere belegte er mehrere Top 15 Platzierungen und erreichte am 11. März 1983 im norwegischen Baerum seine beste Einzelplatzierung mit einem vierten Platz. „Ich habe es zwar nie unter die besten drei geschafft, aber für französische Verhältnisse, sind meine Ergebnisse durchaus akzeptabel!" scherzt Colin und spricht damit direkt das Nachwuchsproblem des französischen Skisprungsports an.

 

Die Ergebnisse von Gerard Colin »

 

„Mit 13 haben die meisten keine Lust mehr“

„Wir haben sehr viele, sehr junge Nachwuchsspringer. Aber leider haben die meisten dann mit 13, 14 Jahren keine Lust mehr auf das Training.“ Woran das liege, könne er nicht sagen. „Der Anreiz ist eigentlich da, die jungen Springer sind gut, ich weiß aber nicht, wie man ihre Motivation dauerhaft aufrecht halten kann", so Colin weiter.

Vincent Descombes Sevoie

 

Ein Motivationsproblem haben die Athleten in seinem dreiköpfigen A-Team zum Glück nicht. Youngster Ronan Lamy Chappuis ist Frankreichs Nachwuchshoffnung und auch der neue Cheftrainer sieht großes Potential in ihm: „Ronan ist sehr motiviert! Er ist jung und kann noch viel erreichen, meine Hoffnungen liegen auf ihm.“ Allerdings betont er, dass es keine Rangordnung in seinem kleinen Team gäbe. „Jeder einzelne ist wichtig! Wir haben nur drei Athleten, hier in Einsiedeln sind es sogar nur zwei, da Nicolas Mayer fehlt. Vincent Decombes Sevoie ist die Basis des Teams. Er ist 30 Jahre alt und hat sehr viel Erfahrung, allerdings weiß ich nicht, wie lange er dem Sport noch treu bleiben möchte.“

 

Die Ergebnisse von Ronan Lamy Chappuis »

 

Gérard Colin beendete seine eigene aktive Karriere 1988 im Alter von 29 Jahren. Von da an arbeitete er als Co-Trainer in Frankreich, unteranderem mit dem 2001 bei einem tragischen Autounfall verstorbenen Österreicher Alois Lipburger zusammen, und entdeckte seine Leidenschaft als Trainer. In der Saison 2011/2012 übernahm er den französischen B-Kader und ist seit jeher nicht mehr aus dem französischen Skisprungsport wegzudenken. Colin liebt seine Aufgabe, obwohl sich seit seinem Karriereende 1988 einiges verändert hat.

 

„Früher war alles ruhiger“

„Ich bin mittlerweile definitiv lieber Trainer als Athlet. Ich bringe den Jungs gerne etwas bei und außerdem bin ich viel zu alt, um noch selbst dort herunterzuspringen", sagt der 56 Jährige lachend. Allerdings kritisiert er die Einmischung der Presse in den französischen Skisprungsport scharf und wünscht sich die Verhältnisse seiner aktiven Zeit zurück. „Früher war alles irgendwie ruhiger. Heutzutage ist es schwierig einen geraden Kurs zu fahren, wenn sich ständig jemand einmischt. Die Leute reden zu viel und über alles, egal ob sie Ahnung davon haben oder nicht.“

 

Colin ist dennoch der Meinung, dass der französische Skisprungssport großes Zukunftspotential hat. In der Vergangenheit schlitterten die Westeuropäer stets haarscharf an Topplatzierungen vorbei. Vincent Descombes Sevoie wurde zwar mehrfacher französischer Meister, schaffte bisher aber international keine einzige Podestplatzierung im Weltcup.

 

„Wir arbeiten hart, aber um auf das Podest zu springen bedarf es eines perfekten Sprungs", erklärt der 30 jährige. „Wir haben das mannschaftliche Potential, aber neben einem perfekten Absprung braucht man auch ideale Bedinungen, um erfolgreich zu sein." Auch der fehlende Nachwuchs sei laut Descombes Sevoie ein Grund für die ausbleibenden Topplatzierungen. „Der Druck in unserer Mannschaft ist von unten nicht besonders groß. Der Nachwuchs fehlt und unsere Leistungen werden weniger streng bewertet!“

 

Die Ergebnisse von Vincent Descombes-Sevoie »

 

Die Zusammenarbeit mit Gérard Colin ist für die französischen Athleten allerdings nichts Neues. „Wir arbeiten bereits seit zwei Jahren mit Gérard“, berichtet Descombes Sevoie. „Wir modifizieren momentan die Technik, welche wir mit Matjaz in der Vergangenheit aufgebaut haben.“ Auch sein Teamkollege Ronan Lamy Chappuis sieht kaum Veränderungen im neuen Trainingsplan. „Die Arbeitsmentalität im Team ist nicht viel anders als zuvor, da wir ja schon lange mit Gérard arbeiten und ihn gut kennen“, so das 20 Jährige Nachwuchstalent. Eine Neuerung freut ihn aber besonders: „Das französische Team hat nun auch endlich einen französischen Trainer! Unsere Kommunikation ist viel besser als vorher auf Englisch und wir können Fehler detaillierter besprechen. Das wird uns in der kommenden Saison enorm weiterhelfen!“

 

Das erste Ziel ist die Qualifikation

Viele Dinge sollen sich diese Saison ändern, auch wenn Colin nicht weiß warum die Dinge in der Vergangenheit nicht so wirklich funktioniert haben. „Wir trainieren hart! Natürlich haben wir ein paar Geldprobleme, wie die meisten Skiverbände, aber wir springen das ganze Jahr über. Auf Schnee, auf Matten, wir trainieren so hart und die Jungs sind gut", berichtet Colin und mahnt vor hohen Erwartungen. „Wir gehen alles Schritt für Schritt an. Stufe für Stufe, um eine sichere Basis zu schaffen.“ Das erste Ziel sei die Qualifikation, danach der erste Wertungsdurchgang. „Alles was danach innerhalb der Top 20 platziert wird ist fantastisch! Wir müssen alles erst langsam aufbauen.“

 

Dennoch hat der neue Trainer einen großen Traum, den er sich am liebsten schon diese Saison erfüllen möchte: „Ich möchte gewinnen! Nur ein einziges Mal!“ schwärmt er, „Das ist der Traum jedes Trainers und ich werde daran festhalten. Wir können das schaffen!“ Gemeinsam mit seinem neuen Co-Trainer, dem Österreicher Robert Treitinger, hat Gérard Colin die Möglichkeit den französischen Skisprungsport in der kommenden Saison zu gutem Erfolg zu führen. Mit einem festen Ziel vor Augen, einer Menge an Erfahrung und ein wenig Humor, kann er zu dem Erfolgstrainer werden, auf den Frankreich seit so langer Zeit gewartet hat.

 

Mit den anvisierten Plätzen im Mittelfeld klappte es beim heutigen Grand Prix in Einsiedeln noch nicht, die Plätze 26 (Vincent Descombes Sevoie) und 33 (Ronan Lamy Chappuis) reichten nicht fürs Finale. Das gilt es am nächsten Freitag beim Heimspiel in Courchevel zu verbessern.

 

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